Der Run auf die Bildungskarenz

Die Bildungskarenz soll Beschäftigten die Möglichkeit geben, etwas dazuzulernen und das finanziell einigermaßen abgesichert. Viele nützen die Möglichkeit aber einfach, um eine Auszeit vom Job zu nehmen. Seit ein paar Jahren dürfte noch ein anderes Motiv dazukommen, nämlich Mitarbeiter in Krisenzeiten eine Zeit lang nicht bezahlen zu müssen.

Morgenjournal, 23.8.2012

Zahl der Bildungskarenzen steigt weiter

Die Bildungskarenz ist bis zur Finanzkrise 2008 im Dornröschenschlaf verharrt. Seit damals nutzen jedoch immer mehr Beschäftigte die Möglichkeit, mit ihrer Firma ein Ruhen der Arbeit von bis zu einem Jahr zu vereinbaren. Derzeit sind rund 8.300 Menschen in Bildungskarenz; vor allem Frauen und ohnehin schon besser Ausgebildete, sagt der Sozialpolitik-Experte Rolf Gleißner von der Wirtschaftskammer Österreich: "Die Zahl der Inanspruchnahmen hat sich verfünffacht, und was interessant ist: Obwohl Förderungen ausgelaufen sind, steigen die Zahlen immer noch an."

Während der Bildungskarenz bekommt man Weiterbildungsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes vom Arbeitsmarktservice. Finanziert wird das aus Arbeitslosenversicherungsbeiträgen. Nach den Angaben von Gleißner habe die Bildungskarenz 2011 76 Millionen Euro gekostet: "Das ist stark angestiegen in den letzten Jahren und die Zahlen sind 2012 noch höher geworden."

Keine Kontrolle

Die Auszeit vom Beruf ist dazu gedacht, eine Aus- oder Weiterbildung zu machen. Nicht alle jedoch würden das tun, kritisiert Gleißner: "Was der in dem einen Jahr, in dem er Weiterbildungsgeld bezieht, tut, kontrolliert keiner. Da kann er tun, was er will. Er kann sich einen neuen Job suchen, eine Weltreise machen, was auch immer. Das sind Dinge, die abgestellt werden sollten, denn das ist nicht im Sinne des Erfinders."

Grundsätzlich hält der Wirtschaftskammer-Experte das Modell der Bildungskarenz für sinnvoll, die Millionen Euro sollten aber effizienter eingesetzt werden. Gleißner fordert daher, dass die Bildungskarenz viel stärker an den Inhalten, die der Arbeitsmarkt benötigt, ausgerichtet werden soll. Außerdem spricht er sich für Kontrollen aus, ob die Menschen in Bildungskarenz ihre Ausbildung auch tatsächlich absolvieren und sie am Ende auch erfolgreich zu Ende führen, denn "nur dann wirkt sie sich positiv auf den Menschen und auf seinen Arbeitsmarkterfolg aus."

WKÖ: Bildungskarenz wie duale Lehre

Den besten Erfolg gibt es laut Studien, je näher eine Ausbildung dem Berufsleben ist, wenn Menschen also etwa einen Lehrabschluss nachholen oder eine Meisterprüfung machen. Die Wirtschaftskammer will die Bildungskarenz daher nach dem Vorbild der dualen Ausbildung einer Lehre gestalten. "Sodass die Leute während der Bildungskarenz nicht ganz weg sind vom Arbeitsmarkt, sondern dass man es ermöglicht, dass sie ihre Arbeitszeit zum Beispiel halbieren und während der ausfallenden Arbeitszeit eine Ausbildung absolvieren", schlägt Gleißner vor.

Im Unterschied zur normalen Teilzeit sollte man für die Zeit der Ausbildung anteilsmäßig Weiterbildungsgeld bekommen, so die Wirtschaftskammer.