Dana Yahalomi zu Brandingstrategien

Das Image der Muslime in Europa

Ein Mann mit Bart und dunklen Haaren hebt flehentlich die Hände gen Himmel. Betet er? Hadert er mit Gott? Man weiß es nicht genau: Erst wer den Blick etwas nach unten schweifen lässt, weiß: Es geht um Integration. Da ist nämlich zu lesen: "Der Ansatz für Multikulti ist gescheitert".

Angela Merkels viel diskutierter Beitrag zur Integrationsdebatte prangt auf einem Plakat in der Berliner Auguststraße, dem schicken Galerienviertel in Berlin Mitte. Von Migranten, ließ die Kanzlerin die Delegierten des Deutschlandtages der Jungen Union 2010 wissen, werde man in Zukunft mehr verlangen.

Viel Häme und Kritik hat Merkel für ihren Flirt mit dem Rechtspopulismus einstecken müssen. Die israelische Performancekünstlerin Dana Yahalomi nimmt Merkels Ball auf und lädt ein darüber zu diskutieren, welche Rolle die muslimische Gemeinde im Europa der Zukunft spielen soll. "Rebranding European Muslims" heißt ihr Projekt. Während der Laufzeit der Berlin Biennale, also bis Juli 2012, ließ sie ein riesiges Plakat mit dem markigen Merkel-Zitat im hippen Galerienbezirk affichieren.

Rebranding European Muslims

"Ich glaube nicht, dass es produktiv ist, mit dem Finger auf eine bestimmte Gruppe von Menschen zu zeigen und zu sagen: Ihr müsst die Art und Weise, wie ihr mit der westlichen Welt kommuniziert, ändern. Ihr müsst euch ändern. Ich denke, dieser Zugang ist wirklich überholt. Die Europäer müssen ihr Selbstverständnis überdenken. Die Bevölkerung Europas ist nicht mehr dieselbe wie vor 100 Jahren", sagt die Performancekünstlerin Dana Yahalomi, die die Brandredner der Rechtspopulisten aus nächster Nähe kennt.

Sie hat Heinz Christian Strache in Wien getroffen, Burschenschaftern über die Schulter geschaut, mit dem niederländischen Rechtsaußen Geert Wilders diskutiert und sich von Repräsentanten der Tea Party erklären lassen, warum der europäische Sozialstaat nichts taugt. Besonders prägend war die Begegnung mit der Bloggerin Pamela Geller, die in den USA so etwas wie eine Galionsfigur der islamkritischen Rechten ist. Als 2010, einige Häuserblocks von ground zero entfernt, ein muslimischer Investor ein islamisches Kommunikationszentrum namens "Park 51" bauen wollte, machte Geller mobil und erfand den Begriff "ground zero mosque", also Ground-Zero-Moschee.

"Ich habe begonnen mich dafür zu interessieren, wie Brandingstrategien funktionieren", so Dana Yahalomi. "Der Anlass war ein Treffen mit Pamela Geller. Sie ist eine rechte, islamkritische Aktivistin, die die Kampagne gegen die ground zero mosque anführte. Sie hat mir erzählt, dass sie mit einem PR-Strategen und einem Designer zusammengearbeitet hat. Gemeinsam haben sie den Namen 'ground zero mosque' erfunden, eine Marke, die negative Assoziationen hervorrufen soll. Heute kennt niemand mehr den Park 51, wie das Kommunikationszentrum eigentlich hieß. Alle reden von der ground zero mosque. Ich war wirklich überrascht, wie mächtig diese Marke war", sagt Dana Yahalomi.

"Gewalttätiges" Branding

Dana Yahalomi beginnt sich dafür zu interessieren, wie professionelle Brandingstrategien funktionieren, sie stolpert über den Begriff Nation Branding, und will mehr darüber wissen, warum die nationale Imagepflege offenbar zum Kerngebiet der Politik geworden ist. Ein gutes Image kann nicht nur Investoren und Touristen anziehen, sondern auch Handelspartner, ja ganze Regierungen beeinflussen.

"Branding ist eigentlich ein gewalttätiger Vorgang. Das Wort kommt aus der Tierzucht, wo man Rinder mit einem Brandeisen markiert hat. Heute denken wir diese ursprüngliche Bedeutung nicht mehr mit. Aber wenn eine Marke, eine Brand erfunden wird, dann geht es nicht nur um einen griffiger Slogan", sagt Dana Yahalomi.

Imagekampagnen ohne altbekannte Symbole

Für den "steirischen herbst" entwickelt Dana Yahalomi jetzt eine Branding-Kampagne, die das Image der Muslime in Europa neu positionieren soll. "Rebranding European Muslims" heißt das Großprojekt, das zuerst in der Berliner Auguststraße Station gemacht hat und jetzt weiter nach Österreich zieht. Insgesamt drei namhafte PR-Agenturen aus Österreich, der Türkei und den Niederlanden hat Dana Yahalomi beauftragt, Imagekampagnen zu entwerfen. Auf bekannte Symbole wie Minarett, Kopftuch, oder Halbmond werde man verzichten, sagt Dana Yahalomi:

"Diese Symbole sind Teil des Islam, aber in der Praxis werden Moslems oft auf diese Symbole reduziert. Der Islam wird zum Beispiel auf die Frage reduziert, ob man in Europa Minarette bauen darf oder nicht. Diese Themen und die Symbole, die für diese Themen stehen, sind mediale Selbstläufer. Wenn man sich darauf kapriziert, konzentriert man sich nicht auf die wesentlichen Fragen, die unser Zusammenleben bestimmen."

Am 28. September findet in der Helmut List Halle in Graz eine große Fundraising-Gala statt, in deren Rahmen das Publikum darüber entscheiden darf, welche Imagekampagne großflächig in Graz und anderen europäischen Städten plakatiert wird - eine Kunstaktion, die die Regeln der Massenkommunikation hinterfragt und vorführt.

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