Zu wenig Burnout-Therapien auf Krankenschein

Psychotherapie auf Krankenschein für Burnout-Patienten, also für Menschen mit stressbedingten Erschöpfungszuständen, bleibt weiterhin ein Privileg für Wenige. Das kritisiert der Bundesverband für Psychotherapie und fordert von den Krankenkassen, für Therapien mehr Geld in die Hand zu nehmen. Denn nur jeder zehnte, der kassenfinanzierte Psychotherapie braucht, bekommt sie auch, so der Vorwurf.

Morgenjournal, 11.9.2012

Hohe Kosten ein Problem

Wer kostenlose Psychotherapie in einer entsprechenden Einrichtung in Anspruch nehmen will, der wartet mindestens ein Jahr, sagt die Präsidentin des Psychotherapie-Bundesverbandes Eva Mückstein. Und die Therapie in den Praxen privat zu bezahlen, sei für viele unmöglich. Der Zuschuss der Kassen beträgt 21,80 Euro, eine Stunde koste aber zwischen 80 und 120 Euro, so die Therapeuten. Das Argument, es gebe nicht mehr Geld, hält Eva Mückstein für vorgeschoben und argumentiert: "Die Krankenkassen sparen am falschen Ort. Die Konsequenz muss ohnehin der Steuerzahler tragen, weil die Nicht-Behandlung ein Vielfaches kostet von dem, was die Krankenkasse durch die Nicht-Finanzierung einspart."

Lücken im System

Die Kassen wehren sich gegen diese Vorwürfe. Die Wiener Gebietskrankenkasse schreibt in einer Stellungnahme: Wartezeit vier bis sechs Wochen, in Notfällen kürzer. Der Chef der niederösterreichischen Gebietskrankenkasse Jan Pazourek sagt: "Bei uns sind die Wartezeiten kurz", aber auch den Kassen sei klar: Die Zahl der Betroffenen wird weiter steigen. Pazourek verweist darauf, dass in Niederösterreich das klassische Kontingent "Psychotherapie auf Krankenschein" auch im heurigen Jahr erhöht worden sei. Und über eine weitere Ausweitung werde derzeit verhandelt, sagt Pazourek. Aber auch er gibt zu: Das System hat Lücken. "Wenn jemand im Krankenstand ist, dann kriegt er halt seine Therapien, wenn er sie nachfragt und er sich meldet. Und das nächste, was wir dann von dem Patienten hören, ist der Antrag auf krankheitsbedingte Frühpension. Da fehlt was", räumt Pazourek ein.

Gesundheitsministerium sieht sich nicht zuständig

Deshalb müsse es für Menschen, die wegen psychischer Probleme lange in Krankenstand sind, frühzeitig Angebote geben. In Niederösterreich etwa werden sie ab 40 Tagen zu einem Gespräch mit einem Coach eingeladen. Eva Mückstein kritisiert auch die Verschreibung von Psychopharmaka: Zuviel und unkontrolliert werde verschrieben. Das sieht auch Jan Pazourek so und plädiert deshalb für die e-Medikation, um das besser zu überblicken. Das Gesundheitsministerium sieht sich übrigens nicht am Zug – Psychotherapie auf Krankenschein sei Sache der Kassen.