Zeitgenossen im Dialog mit Arnold Schönberg
Against the specialist
Vor 100 Jahren, genau am 16. Oktober 1912, wurde Arnold Schönbergs musikalisches Melodram "Pierrot Lunaire" in Berlin uraufgeführt. Ein denkwürdiges Ereignis in der Geschichte der zeitgenössischen Musik, dem unter anderem Alfred Döblin beiwohnte.
8. April 2017, 21:58
Im Gegensatz zu Döblin war die Mehrheit des Publikums empört und reagierte mit Buhrufen. Die Zwölftontechnik wird Schönberg zwar erst Jahre später entwickeln, doch als atonale Komposition löste "Pierrot Lunaire" bei den Zeitgenossen Befremden aus. Den 100. Geburtstag dieses musikalischen Meilensteins feiert das Österreichische Kulturforum in New York in seiner Herbstausstellung. "Against the Specialist", also gegen das Spezialistentum, heißt die Schau. Sie präsentiert den vielseitig interessierten Komponisten im Dialog mit jungen künstlerischen Positionen.
Multitalent Schönberg
Als großer Erneuerer und Wegbereiter der Avantgarde ist Arnold Schönberg in die Musikgeschichte eingegangen. Was weniger bekannt ist: Arnold Schönberg war ein Multitalent: Er hat gemalt, gezeichnet und geschrieben und war darüber hinaus auch Erfinder. Erfunden hat er vor allem Kurioses. Darunter: Ein Schachspiel für 4 Personen und eine Notenschreibmaschine.
Das Österreichische Kulturforum in New York widmet sich dem Vater der Zwölftonmusik in einer aktuellen Ausstellung. Präsentiert wird Schönberg als Vordenker einer Entgrenzung der Künste, wie sie die Avantgarde gefordert hat. Im Geiste der Zeit hat sich Schönberg gegen das Spezialistentum ausgesprochen. Also dagegen, dass sich die Komponisten nur mit Musik auseinandersetzen, die Maler nur mit Malerei, die Romanciers nur mit Literatur.
Die einzelnen Kunstsparten sollten vielmehr voneinander lernen, ja mehr noch ineinander fließen. Und Schönberg ging mit gutem Beispiel voran, malte zum Beispiel mit Hingabe - bevorzugt Porträts.
Eva Fischer, Kuratorin der Ausstellung "Against the Specialist", ist davon fasziniert, dass Schönberg sagt, dass die Malerei es für ihn möglich macht, etwas Anderes auszudrücken als etwa die Musik, die man nur in einer Zeitabfolge wahrnehmen kann. Eine Zeichnung kann in einem ganz kurzen Zeitraum erfasst werden und das war für Schönberg besonders wichtig.
Die Entgrenzung der Künste
In Wien ist Eva Fischer als Initiatorin des sound:frame Festivals für audiovisuelle Kunst bekannt, das in den vergangen Jahren stetig gewachsen ist und zuletzt im Museum für Angewandte Kunst beheimatet war. sound:frame widmet sich jenen Kunstrichtungen, in denen Bild und Ton aufeinander reagieren oder sogar miteinander gekoppelt sind. Ein Dialog der Kunstsparten also, der Arnold Schönberg gefallen haben könnte.
Für ihre Ausstellung in New York hat Fischer junge Künstler aus der österreichischen Visualistenszene eingeladen, sich mit Arnold Schönberg zu befassen. Vier Auftragsarbeiten sind im Vorfeld der Ausstellung entstanden. Darunter eine begehbare Rauminstallation des österreichischen Visualisten Gerald Moser.
Das Raster der Zwölftonmusik
Mosers Projektionen umspielen Fäden, die von der Decke hängen und im Raum ein Raster bilden. Im Raster sieht Moser eine Anlehnung an die strenge Struktur der Zwölftonmusik. Eine Ordnung, die in Mosers Installation allerdings nicht von Dauer ist: Mit Projektionen wird das strenge Raster aufgelöst.
Doch nicht nur die junge Visualistenszene ist in der Ausstellung vertreten. Interessant ist etwa eine Arbeit des österreichischen Experimentalfilmers Kurt Kren aus dem Jahr 1965. Kren tastet mit der Kamera ein Opt Art Gemälde der Künstlerin Helga Philipp ab. Die graphischen Elemente des Bildes erhalten in der zeitlichen Abfolge des Films einen Rhythmus, der fast musikalisch zu nennen ist. Ein gelungenes Beispiel, für die Verschmelzung verschiedener Kunstsparten, der sich die Herbstausstellung im Österreichischen Kulturforum New York ja widmet.
Der in der Ankündigung versprochene Bezug zu Arnold Schönberg bleibt etwas vage und wirkt streckenweise konstruiert. Einzig Schönbergzitate, die in den Ausstellungsräumen angebracht sind, rufen in Erinnerung, dass es hier eigentlich auch um den großen Erneuerer der westlichen Musik, um Arnold Schönberg, geht.
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Austrian Cultural Forum New York-Against the specialist
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