Griechen bestreiten Schuldenexplosion

Am Wochenende hat das deutsche Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtet, dass in Griechenland nicht 11 sondern 20 Milliarden Euro fehlen. Die Regierung in Athen bestreitet das - gleichzeitig ist sie aber nicht in der Lage, die versprochene Reform umzusetzen. Die Griechen rüsten sich für einen Generalstreik am Mittwoch.

Mittagsjournal, 24.09.2012

Troika: 20 Milliarden fehlen

Dem nach wie vor akut pleitebedrohten Griechenland soll wesentlich mehr Geld in der Kasse fehlen als bisher angenommen. Das hat zumindest "Der Spiegel" berichtet. Die Troika hätte eine Lücke im Budget von 20 Milliarden geortet - also fast doppelt so viel wie bisher angenommen. Wahrscheinlich hat "Der Spiegel" diese Information direkt aus deutschen Regierungskreisen bezogen. Dort will man offenbar den Druck auf Griechenland weiter erhöhen.

Umstrittenes Sparpaket

Dabei ist schon das aktuelle Sparpaket im Umfang von 11,5 Milliarden Euro innerhalb der griechischen Regierungskoalition umstritten und deshalb immer noch nicht in Kraft. Auch deshalb weil die im Gegenzug für internationale Hilfskredite verlangten Einsparungen bei der Bevölkerung als sozial ungerecht empfunden werden. In einer am Samstag in Athen veröffentlichten Umfrage erklären 90 Prozent der Befragten, das neue Reformpaket würde fast ausschließlich zulasten der ärmeren Teile der Bevölkerung gehen. Nur ein Drittel der Befragten glaubt, dass die neuen Einschnitte ins soziale Netz die Probleme des Landes lösen würden.

Keine Hoffnung auf Besserung

Den Meinungsforscher Costas Panagopoulos wundern diese Zahlen nicht - ganz im Gegenteil, diese Reaktion der Menschen sei logisch: "Ich denke, die Zahlen sind ganz normal. Vergessen wir nicht, seit zwei Jahren leidet der durchschnittliche griechische Haushalt massiv unter den Maßnahmen. Die Löhne, Pensionen, Sozialleistungen - alle wurden massiv gekürzt. Seien wir uns ehrlich, wir können nicht noch mehr leiden. Das größte Problem für die griechische Gesellschaft ist, dass es keine Hoffnung gibt." Nun seien die euopäischen Partner gefragt. Auch sie müssten nun Griechenland entegegenkommen, und so den Menschen wieder Hoffnung geben; etwa indem sie Griechenland mehr Zeit geben und die Zinsen für die Kredite senken.

Zwei Drittel wollen in der Eurozone bleiben

Zwei Drittel der Bevölkerung will laut der Umfrage übrigens, dass Griechenland in der Eurozone bleibt. Auch das ist für Costas Panagopoulos logisch. Denn ohne Euro würde man ins Chaos stürzen. Die Gefahr, dass sich alle wieder zurücklehnen wenn Griechenland mehr Zeit bekommt, sieht er nicht: "Ich glaube nicht, dass es wieder so wie früher wird. Denn jetzt wissen alle Griechen, dass wir Dinge verändern müssen; dass wir jetzt die Reformen schnell umsetzen müssen."

Verhandlungsprozess stockt

Doch im politischen Prozess stockt es. Auch wenn jeden Tag verhandelt wird - eine Einigung in Sachen 11 Milliarden Spar- und Reformpaket ist nicht in Sicht - weder innerhalb der Regierungskoalition noch mit der Troika. Zugutehalten muss man der griechischen Regierung, dass sie die Ausgaben in den vergangenen zwei Jahren deutlich gesenkt hat - allerdings sind wegen der Rezession auch die Einnahmen eingebrochen. Fotis Kuvelis von der kleinsten Regierungspartei, der demokratischen Linken, gibt der Troika, die vorgestern wieder abgereist ist, jedenfalls eine Warnung mit auf den Weg: "Die Troika muss aufhören, die griechische Gesellschaft anzugreifen. Sie muss verstehen, dass es Grenzen gibt."

Tägliche Demonstrationen

Mittlerweile vergeht kein Tag in Griechenland, an dem nicht Tausende auf die Straße gehen, um gegen die Sparmaßnahmen und Reformen zu demonstrieren; und zwar aus allen Schichten und Berufsgruppen. In den vergangenen Tagen waren es Bedienstete der U-Bahn, Richter, Ärzte in Krankenhäusern und Beamte der Finanzämter. Übermorgen soll es dann überhaupt einen Generalstreik in Griechenland geben. Dabei stehen die Details des Sparpaktes noch lange nicht fest. Bis dato sind nur diverse Vorschläge durch die Medien gegeistert - etwa die 6-Tage-Arbeitswoche.

Unterstützung hat Griechenland jetzt allerdings von Frankreich bekommen. Der franzöische Premierminister Jean-Marc Ayrault hat sich gestern dafür ausgesprochen, den Griechen mehr Zeit für die Reformen zu geben.