Pelinka: Kärntner Urteile ermutigen Justiz

"Die Justiz wird in Zukunft mehr hin- als wegschauen und die Politiker werden vorsichtiger werden." Zu diesem Befund kommt der Politologe Anton Pelinka nach dem Urteil gegen den Kärntner Ex-ÖVP-Chef Josef Martinz. Der Prozess hat für Pelinka auch das System der Kickback-Zahlungen (Rückflüsse von Auftragszahlungen) offengelegt, das sei keine Kärntner Eigenheit.

Morgenjournal, 3.10.2012

Erfolg von Reformen in der Justiz

Das Ausmaß habe ihn schon ein wenig überrascht, nicht die Schuldsprüche an sich, sagt Pelinka im Ö1 Interview. Und er meint, letztlich sei alles ein Verdienst der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft: "Schließlich hat die Justiz das Verfahren schon einmal eingestellt - bei Vorliegen des grundsätzlich selben Sachverhalts. Das heißt, das Urteil ist eigentlich auch eine Selbstkritik der Justiz und zeigt, wie sehr Reformen etwas bringen können. Dass es eine Korruptionsstaatsanwaltschaft gibt, hat sofort Effekte auf die Justiz und sicherlich auch auf das politische Verhalten."

Künftig weniger Korruption

Anton Pelinka glaubt auch, dass es mit der Sonderbehandlung von Politikern nun vorbei sein könnte: "Diese Ermutigung der Justiz könnte das erste und wichtigste Ergebnis sein." Das System der Parteienfinanzierung über undurchsichtige Kanäle ist für Pelinka jedenfalls erschüttert - und das trifft nicht nur die ÖVP, sondern alle Parteien, die an der Macht und damit in der Position sind, zu verteilen: "Es haben ja alle gewusst, dass es das gibt, vielleicht nicht in dem Ausmaß. Aber das Kickback war ja bekannt. Eine Regierungspartei an der Macht vergibt einen Auftrag, bezahlt ihn mit öffentlichen Mitteln und erwartet sich dafür unausgesprochen den Rückfluss eines Teils des vergebenen Betrages. Was hier in Kärnten passiert ist, ist nur die Übertreibung eines eingespielten Systems."

Das gebe es nicht nur in Österreich, sondern das sei eine übliche Form der Korruption, so Anton Pelinka. Nur habe "die Justiz in Österreich bisher zu viel weggeschaut und wollte sich damit nur nicht in irgendeiner Form belasten." Mit dem Urteil sei das nun zwar nicht endgültig vorbei, aber es sei eine "Weichenstellung". Die Regierenden müssten nun vorsichtiger sein und könnten nicht erwarten, dass Korruption ohne Risiko bleibe. "Ich gehe davon aus, dass das Ausmaß an Korruption in Österreich zurückgehen wird."

"Parteien haben zu viel Geld"

Die verschärften Anti-Korruptionsbestimmungen und das Medientransparenzpaket hält Pelinka übrigens für brauchbar, aber nicht ausreichend. Es sollten nicht nur die Mittelflüsse zur Politik stärker kontrolliert werden, sondern auch die Ausgabenseite: "Österreich leistet sich eine Art Dauerwahlkampf." In keinem anderen Staat machten die Parteien unabhängig vom konkreten Wahlkampf so viel Öffentlichkeitsarbeit. "Das zeigt, dass die Parteien zu viel Geld haben."