Ostgeschäfte der Telekom: Ermittlungen

Beim parlamentarischen Korruptionsuntersuchungsausschuss steht nur noch ein Thema am Programm, die Ostgeschäfte der Telekom. Dazu ist nur ein einziger Zeuge geladen: der geheimnisumwobene Investor Martin Schlaff. Gegen ihn und fünf weitere Personen ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft Wien. Es geht um Provisionszahlungen beim Kauf des weißrussischen Mobilfunkanbieters Velcom.

Mittagsjournal, 6.10.2012

Kronzeuge: "Telekom sollte zahlen"

Eine Hausdurchsuchung beim Telekom-Kronzeugen Gernot Schieszler brachte die Ermittler auf die Spur. Gefunden wurden Unterlagen, die für die Ermittler des Bundesamtes für Korruptionsbekämpfung den Verdacht aufwarfen, dass die Telekom Austria einmal mehr hohe Summen ohne nachvollziehbare Leistung gezahlt hatte. Diese Theorie wird durch die Aussagen von Schieszler untermauert. Er erzählte der Staatsanwaltschaft, dass der damalige Telekom-Chef Rudolf Fischer Ende 2007 an ihn herangetreten sei. Fischer habe erklärt, dass aus dem Kauf der weißrussischen Mobilfunkfirma Velcom an die Mobilkom noch ein Betrag von einer Million Euro offen sei.

Mobilkom-Chef Boris Nemsic habe Fischer beauftragt, zu veranlassen, dass die Telekom diese Zahlung übernimmt, heißt es in Schieszlers Aussage. Er habe die Zahlung durchgeführt, obwohl ihm die Sache dubios vorgekommen sei. Als Ansprechpartner sei die Firma Holdenhurst genannt worden – sie spielt bei mehreren Ostgeschäften der Telekom eine interessante Rolle.

Schlaff hatte Doppelrolle

Laut Bericht der Telekom-internen Untersuchungs-Task-Force BDO, der dem Ö1-Journal vorliegt, gehörte die Firma damals mehrheitliche einer Stiftung von Martin Schlaff. Einen kleinen Anteil hielt Josef Taus. Holdenhurst beriet die Mobilkom beim Kauf in Weißrussland, für 200.000 Euro Honorar im Monat. Eineinhalb Jahre Laufzeit waren vereinbart, also ein Gesamthonorar von maximal vier Millionen Euro. Bezahlt wurden schließlich 1,8 Millionen Euro von der Mobilkom, denn nach etwa neun Monaten war der Deal unter Dach und Fach.

Investor Martin Schlaff hatte mit seinem Firmenkonglomerat beim Kauf der Velcom eine bemerkenswerte Doppelrolle. Zitat aus dem BDO-Bericht: "Es wurde festgestellt, das Martin Schlaff nahestehende Unternehmen gegenüber der Mobilkom Austria sowohl als Berater wie auch, ab einem späteren Zeitpunkt der Transaktion, als Verkäufer aufgetreten sind." Denn die Velcom wurde nicht direkt von der weißrussischen Republik gekauft, sondern erst nachdem sie von der zypriotischen Firma SBT übernommen worden war. An dieser ist Schlaff zu 15 Prozent beteiligt.

BDO: "Keine Dokumentation für die Leistungen"

Laut BDO-Ermittlungen wurden fast 1,5 Millionen Euro gezahlt, aber nicht an die Holdenhurst, sondern an die mit dem Schlaff-Firmenimperium eng verwobene Firma Robicom. Zitat aus dem BDO-Bericht: "Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei den Zahlungen an die Robicom um indirekte Zahlungen an Martin Schlaff im Zusammenhang mit der Akquisition in Weißrussland handelte." Die Ermittler begründen ihren Verdacht mit zahlreichen E-Mails rund um die Vertragsgestaltung und den Aussagen des Kronzeugen Schieszler. Fazit der BDO: "Während unserer Prüfungshandlungen konnte uns weder durch Telekom Austria noch durch die Robicom selbst eine Dokumentation für die Leistungen der Robicom vorgelegt werden."

Warum die Zahlung erfolgte, bleibt im Dunkeln. Fakt ist, die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt in dieser Causa gegen sechs Beschuldigte wegen des Verdachts der Untreue, unter ihnen auch Martin Schlaff. Für alle genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung.