Blinde "sehen" mit Zungenschnalzen

Ein Schnalzen mit der Zunge und Daniel Kish weiß genau, wie seine Umgebung aussieht. Der US-Amerikaner ist blind und beherrscht die "Klick-Sonar-Technik". Damit können sich Blinde, durch das Echo ihres Zungenschnalzens, an unbekannten Orten ohne jegliche Hilfe orientieren. Kish möchte diese Technik an möglichst viele blinde Menschen weitergeben und war deshalb auch in Österreich.

Mittagsjournal, 11.10.2012

Dreidimensionale Vorstellung durch Echo

Daniel Kish orientiert sich nur mit dem Zungenschnalzen in einem fremden Raum, in einem Büro im Wiener Blindeninstitut. "Ich kann sagen, dass vor mir eine Wand ist und ein Fenster, weil ich ein Geräusch hinter dem Glas hören kann. Aber wichtiger ist, dass dieser Tische in der Nähe einer Zimmerecke ist. Ich weiß auch, dass links neben mir ein Möbelstück ist, ein Tisch oder ein Sessel, schwer zu sagen aus der Entfernung", erklärt Kish.

Je nach Gegenstand komme durch das Zungenschnalzen ein bestimmter Schall zurück. Aus diesem Echo könne das Gehirn ein dreidimensionales Bild der Umgebung formen, sagt Kish.

Weltweite Trainings

Der 46-jährige Daniel Kish hat sich die sogenannte Klick-Sonar-Technik selbst angeeignet. Jetzt reist er um die ganze Welt, um blinden Menschen diese Technik beizubringen und ihnen ein selbstbestimmteres Leben zu ermöglichen. Die zwölfjährige Daniela ist eine seiner Schülerinnen in Wien. "Wir haben damit angefangen, dass mir Daniel ein großes Schneidbrett oder Teller vor das Gesicht gehalten hat. Ich musste erkennen, wann es da ist und wann nicht oder auf welcher Seite es ist. Als ich das mit immer kleineren Gegenständen geschafft habe, war ich reif rauszugehen. Wir sind zum Beispiel in den Prater gegangen."

Veränderte pädagogische Haltung

Klick-Sonar sei in Österreich noch weitgehend unbekannt, sagt Eva Hannemann vom Wiener Blindeninstitut, die Daniel Kish als Trainer nach Wien geholt hat. Für Hannemann ist diese Technik aber mehr als ein Orientierungsmittel für blinde Menschen. "Für mich bedeutet diese Methode eine grundlegende Änderung unserer pädagogischen Haltung. Ich habe früher Kinder zu einem Gegenstand hingeführt, um ihnen diesen Gegenstand zu zeigen. Jetzt würde ich es umgekehrt machen. Ich würde sie in die Welt hinauslassen, erfahren, entdecken, erforschen lassen und sie begleiten dabei. Wenn nötig würde ich ihnen dann eine Erklärung liefern."

Speziell ausgebildete Trainer für Klick-Sonar gebe es hierzulande noch nicht, sagt Hannemann. Und Projekte dazu stecken noch in den Kinderschuhen.