Fußfessel-Gesetz vor Änderung

Der Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass ein Vergewaltiger eine elektronische Fußfessel bekommt und keinen einzigen Tag in Haft muss. Das Urteil folgt exakt den Buchstaben des Gesetzes. Denn der Fall erfüllt genau jene Bedingungen, die das erst vor zwei Jahren beschlossene Gesetz als Voraussetzungen für eine Fußfessel nennt. Jetzt wollen die Parlamentsfraktionen das Gesetz ändern.

Mittagsjournal, 2.11.2012

Vergewaltiger behält Fußessel

Im konkreten Fall dürfte es dabei bleiben: Der Vergewaltiger geht nicht ins Gefängnis. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine elektronische Fußfessel sind erfüllt, im Wesentlichen, dass die Verurteilung auf weniger als 12 Monate lautet, nämlich sechs. Es ist nach Auffassung der entscheidenden Behörden nicht damit zu rechnen, dass der Mann diese Vollzugsform, wie es im Strafvollzugsgesetz heißt, missbrauchen wird.

Künftig zuerst Gefängnis für Sexualstraftäter

Zumindest in Zukunft soll das anders werden. Ab erstem Jänner muss bei schweren Sexualdelikten, wie etwa Vergewaltigung, geschlechtlicher Nötigung, sexuellem Missbrauch von Unmündigen oder Jugendlichen zumindest die Hälfte der Freiheitsstrafe im Gefängnis abgesessen werden. Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) will ihren Entwurf am kommenden Dienstag im Ministerrat absegnen lassen. ÖVP-Justizsprecher Michael Ikrath findet diese Mindestens-Die-Hälfte-Regelung für ausreichend. Die bisherige Lösung sei unbefriedigend und im Sinne des Opferschutzes nicht akzeptabel gewesen. Auch der Justizsprecher der Sozialdemokraten Hannes Jarolim gibt sein Okay: "Wir werden dem zustimmen. Es ist bei schweren Sexualdelikten vernünftig und angemessen, auszuschließen, dass die Fußfessel gleich von Beginn an verwendet wird."

Zustimmung von Grünen, Ablehnung von FPÖ und BZÖ

Der Justizsprecher der Grünen, Albert Steinhauser, schließt sich diesem Wunsch nach einer Gesetzesänderung an und erklärt den Reformbedarf nach nur zwei Jahren so: "Damals wurde vielleicht die Sensibilität im Zusammenhang mit Sexualstraftätern unterschätzt."
Der Justizsprecher des BZÖ, Gerald Grosz findet hingegen, dass es für Sexualstraftäter definitiv keine Fußfessel geben darf: "Wir räumen die Fußfessel nur für einige wenige ungefährliche Deliktsgruppen einräumen."


FPÖ-Justizsprecher Peter Fichtenbauer war heute Vormittag telefonisch nicht zu erreichen. Bereits unmittelbar NACH der jüngsten VwGH-Entscheidung hat aber FPÖ-Frauensprecherin Carmen Gartelgruber in einer Presseaussendung verlangt, Sexualstraftätern keine elektronische Fußfessel mehr zu geben. Eine parlamentarische Mehrheit für die, von der Justizministerium vorgeschlagene, Gesetzesänderung dürfte aber wegen rot-schwarz-grünen Wohlwollens gesichert sein.