Werben um Stimmen der US-Frauen

Zwei Drittel der amerikanischen Wechselwähler sind Frauen, die laut Umfragen eher Barack Obama wählen werden, allerdings ist auch hier der Vorsprung Obamas vor Romney knapp. Beide Wahlkampfteams widmen den Frauen daher nun besonders viel Aufmerksamkeit.

Morgenjournal, 5.11.2012

Werben mit Psychotricks

Es ist ein Spiel der Emotionen, mit dem Barack Obama und Mitt Romney um die Gunst der weiblichen Wählerschaft buhlen. Im Minutentakt werden die potenziellen Wählerinnen mit extra auf sie zugeschnittener TV- und Radiowerbung überschüttet. Dafür wird tief in der psychologischen Wahlkampftrickkiste gekramt: Barack Obama stilisiert sich als Sohn einer alleinerziehenden Mutter und Vater zweier Töchter zum ultimativen Frauenversteher. Mitt Romney begrüßt in einem Fernsehspot ein frischgeborenes Baby in eine Welt, in der seine Eltern keinen Job haben.

Es ist Werbung, die auf Frauen wie Cindy und Karen abzielt, arbeitende, alleinerziehende Mütter zweier Kinder aus Charlottesville in Virginia. Beide Kandidaten sprechen sie an, aber von keinem sind sie überzeugt: "Ich werde wählen, aber ich weiß noch nicht, wen. Dieses Mal bin ich enttäuscht von Romney. Ich habe den Eindruck, dass er keine sehr gute Meinung von Frauen hat. Das schreckt mich ab."

Romneys Probleme mit Frauen

Und tatsächlich hat Mitt Romney Probleme mit der weiblichen Wählerschaft. Zu oft ist er bei Frauenthemen ins Fettnäpfchen getreten, zu wenig habe er sich Mühe gegeben, sich in die Rolle einer Frau zu versetzen, sagt die Studentin Giulia. Dass Romney es ablehnt, dass die Krankenkassen die Kosten für Verhütungsmittel der Frauen zu übernehmen, findet sie empörend: "Ich nehme Verhütungsmittel und es hilft mir sehr, dass die Versicherung einen Teil davon zahlt. Mitt Romney sagt zwar, dass alle Verhütungsmittel kaufen können, aber er verheimlicht, dass sie sehr, sehr teuer sind. Frauen, die kein Geld haben, können sie sich nicht leisten!"
Von Barack Obama fühlt sich Giulia hingegen verstanden. Er macht sich für eine staatliche Gesundheitsversicherung, gleiche Bezahlung und Selbstbestimmung in Abtreibungsfragen stark. Mitt Romney hingegen versucht sein Glück bei Frauen, indem er ihnen finanzielle Sicherheit verspricht, die Rolle der Familie hochhält, und klar gegen Abtreibung auftritt.

Auch ein Schönheitsbewerb

Und doch ist der Kampf um die Frauen nicht nur ein inhaltlicher, sagt die Politologin Jane Anderson von der Universität in Cincinnati: "Wir leben in einer sehr visuellen Zeit. Das Aussehen der Präsidentschaftskandidaten spielt eine nicht unwesentliche Rolle." Im Wahlkampf 2008, als Barack Obama gegen den 72jährigen John McCain antrat, war Obamas jugendliches Auftreten ein klarer Vorteil, 56 Prozent der Frauen stimmten damals für ihn. Mit Mitt Romney hat Obama jetzt allerdings Konkurrenz, glaubt Anderson: "Er ist ein klassisch attraktiver Mann, nicht zu schön, aber sehr gutaussehend - ihn können sich Frauen als ihren Präsidenten vorstellen. Das breite Kinn, der Blick, die Statur- das ist definitiv von Vorteil. Wahlentscheidend sei das aber natürlich nicht, sagt die Politologin.

Entscheidende Abtreibungsfrage

Vielmehr beschäftigt die Amerikanerinnen die heftige Debatte über Abtreibung und die Bezahlung von Verhütungsmitteln, die in den USA zur Glaubensfrage ausgeartet ist: "Ein großer Unterschied zwischen den Parteien ist, denke ich, der Respekt vor ungeborenem Leben", sagt die gläubige Katholikin Maureen. "Ungeborenes Leben muss geschützt werden." - "Und ich will nicht mehr dorthin zurück, wo wir früher einmal waren", entgegnet die 40jährige Donna. "Frauen sollen mit ihrem Körper tun dürfen, was immer sie wollen. Bei diesem privaten Thema haben die Republikaner nichts zu suchen." Es ist eine Frage der Prinzipien, die die amerikanischen Frauen bei der morgigen Wahl für sich beantworten müssen.