Ernüchternder Einkommensbericht
Seit 1998 haben die Einkommen der Arbeiterinnen und Arbeiter in Österreich teils massiv an Wert verloren, auch die der Angestellten stagnieren. Besonders stark unter Druck sind die Bezüge der unteren Einkommensschichten. Kaufkraftgewinne gab es dagegen für die meisten Beamten. Und die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen hat sich in den vergangenen 14 Jahren nicht verringert.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 19.12.2012
Große Unterschiede
Der Rechnungshof hat am Mittwoch seinen alle zwei Jahre fälligen Einkommensbericht veröffentlicht. Insgesamt zählt der Einkommensbericht rund 4,0 Mio. unselbstständig Erwerbstätige - also Arbeiter, Angestellte, Beamte und Vertragsbedienstete. Ihr Medianeinkommen (das ist jener Wert, bei dem genau die Hälfte mehr und die andere Hälfte weniger verdient) im Jahr 2011 betrug 24.843 Euro brutto. Die niedrigsten Medianeinkommen hatten die 1,6 Mio. Arbeiter mit 18.157 Euro Jahresbrutto, die höchsten Werte gibt es (wegen hohem Akademikeranteil und Dienstalter) bei den Beamten mit 49.274 Euro. Schlechter entlohnt werden Vertragsbedienstete (29.103 Euro), der mittlere Angestellte verdiente im Vorjahr 28.092 Euro.
Größter Kaufkraftverlust bei niedrigsten Einkommen
Wie die Aufstellung des Rechnungshofs zeigt, mussten gerade die untersten Einkommensschichten seit 1998 die stärksten Kaufkraftverluste hinnehmen, weil ihre Einkommenszuwächse teils deutlich unter der Inflationsrate lagen. Quer über alle Berufsgruppen sanken die Realeinkommen des untersten Viertels der Einkommensbezieher in den vergangenen 14 Jahren um mehr als 15 Prozent. Besonders stark betroffen sind die Arbeiter, die Kaufkraft der Angestellten stagniert. Ein inflationsbereinigtes Kaufkraftplus bei unteren, mittleren und oberen Einkommen gab es nur bei den Beamten.
Auffällig ist für den Rechnungshof, dass seit dem Ausbruch der Finanzkrise 2007 selbst ein Gutteil jener Personen sinkende Realeinkommen hinnehmen musste, die ohne Unterbrechung durchgehend beschäftigt waren. Einkommenszuwächse unter der Inflationsrate gab es hier für 35 Prozent der Arbeiter, 26 Prozent der Angestellten und jeweils 23 Prozent der Vertragsbediensteten und Beamten. Das Einkommensplus der Pensionisten lag seit 2002 übrigens in den meisten Jahren über der Inflationsrate und dem Pensionistenpreisindex (mit Ausnahme von 2004 und 2011).
Frauen verdienen um 40 Prozent weniger
Seit 14 Jahren unverändert ist die Einkommensschere zwischen den Geschlechtern: Das mittlere Einkommen der Frauen lag 1998 wie 2011 nur bei 60 Prozent des mittleren Männereinkommens. Ein Grund dafür ist der große Frauenanteil bei atypisch Beschäftigten, die vom Rechnungshof heuer erstmals gesondert erfasst werden: 59 Prozent aller unselbstständig beschäftigten Frauen waren demnach 2011 "atypisch" - also entweder in Teilzeitarbeit, geringfügig beschäftigt oder bei einer Leiharbeitsfirma angestellt. Bei den Männern waren es nur 22 Prozent.
Am geringsten ist die Einkommensschere nach wie vor im öffentlichen Dienst: Das mittlere Einkommen der Beamtinnen erreichte 2011 immerhin 94 Prozent des Vergleichswerts der männlichen Kollegen, bei den Vertragsbediensteten waren es 77 Prozent. Davon profitieren können allerdings immer weniger Österreicher, ging die Zahl der Beamten doch wegen des Spardrucks im öffentlichen Dienst seit 2003 von 273.599 auf 213.727 zurück. Am geringsten war die Einkommensschere in Wien, am höchsten in Vorarlberg.
Freiberufler Bestverdiener
Die höchsten Medianeinkommen sind allerdings ohnehin nicht bei den Unselbstständigen zu suchen, sondern bei den Freiberuflern: Fachärzte verdienten zuletzt 113.944 Euro jährlich, Allgemeinmediziner 82.687 Euro und Rechtsberater 61.350 Euro. Bei letzteren ist die Einkommensschere übrigens ebenfalls groß: Männer verdienen hier 1,7 Mal mehr als Frauen mit einem mittleren Einkommen von 40.627 Euro. Zu beachten ist: Die Angaben für die Freiberufler beziehen sich auf 2009, neuere Zahlen liegen noch nicht vor. (Text: APA, Red.)
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