Dolmetscher-Misere in Traiskirchen

Im Asylzentrum Traiskirchen ist vor einigen Monaten die Zusammenarbeit mit vielen erfahrenen Dolmetschern beendet worden. Stattdessen wurde eine Firma beauftragt, die nicht nur wegen Niedrigst-Stundenlöhnen für Unmut sorgt.

Morgenjournal, 21.12.2012

Lohn drastisch gesenkt

Acht Jahre lang war Amiran Mekinulow als Dolmetscher in Traiskirchen engagiert. Bei der Ersteinvernahme der Flüchtlinge hat er übersetzt - in seiner Muttersprache georgisch. Dann wurde ihm und seinen Kollegen mitgeteilt, dass sie nicht mehr beschäftigt würden - "von einem Tag auf den anderen. Das sei eine Entscheidung von oben. Da könne man nichts machen." Seither greift die Landespolizeidirektion Niederösterreich auf die Dienste einer Detektei zurück, die auch Übersetzungen anbietet. Auch Herr Mekinulow ist dort kurzzeitig beschäftigt, zwei Mal an einem Sonntag. "Und nachdem nur stundenweise bezahlt wird, habe ich bemerkt, dass diese Tätigkeit nicht so interessant ist." Denn laut Dienstvertrag, der dem Ö1-Morgenjournal vorliegt, zahlt die Firma einen Brutto-Stundenlohn von 9,31 Euro. Davon könne er nicht leben, sagt der Georgisch-Dolmetscher und kündigt. Bisher habe er pro angefangener halber Stunde 25 Euro bekommen.

Kritik des UNHCR

Außerdem seien jetzt schlecht ausgebildete Leute am Werk, so ein weiterer Vorwurf, die falsche Übersetzungen abliefern, was auch schon zu Unmut im Bundesasylamt führt, das dann die nächsten Einvernahmen macht. Dass es Beschwerden über Sprach- und Verständigungsschwierigkeiten gibt, bestätigt auch Christoph Pinter vom UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) in Wien, und auch "dass sich die Dolmetscher schwer tun mit der besonderen Situation in einem Asylverfahren." Man habe sich dann auch sofort an das Innenministerium gewandt, aber bisher noch keine Antwort auf die Frage bekommen, warum die Qualität der Übersetzungen plötzlich so gesunken sei, sagt Christoph Pinter. Denn auch bei der Erstbefragung sei korrektes Übersetzen extrem wichtig. "In der Regel haben die Asylwerber keine anderen Beweise als ihre eigene Aussage. Und ob gut oder schlecht übersetzt wird in einem Asylverfahren kann mitentscheidend dafür sein, ob Schutz gewährt wird oder nicht."

Keine Stellungnahmen

Aus dem Innenministerium heißt es, Beschwerden werde selbstverständlich nachgegangen, für die Erstbefragungen sei aber die Landespolizeidirektion zuständig. Dort bestätigt man auch, die Firma zu beschäftigen, es habe aber noch keine Beanstandungen gegeben. Und auch der Firmenchef gibt sich wortkarg: keine Auskunft, lautet die Antwort. Ein Interview wollte niemand geben. Seit einem Monat wird das Unternehmen auch von der Landespolizeidirektion Burgenland beschäftigt. Begründung: weil es auch in Niederösterreich tätig ist.

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