Resonanzen 2013

Das Wiener Konzerthaus lädt wie jedes Jahr seit 1993 wieder ein zu den Resonanzen, dem seit zwanzig Jahren erfolgreichsten Festival des Konzerthauses. Diesmal stehen die Resonanzen unter einem besonders reizvollen Thema, denn bis zum 27. Jänner gehen die Besucher auf Traumreisen nicht nur über Tausende Kilometer, sondern auch auf Zeitreise durch ein halbes Jahrtausend Musikgeschichte.

Morgenjournal, 18.1.2013

"Schicke das Kind, das Du liebst, auf Reisen", lautet ein japanisches Sprichwort. So gesehen, meinen es die heurigen Resonanzen besonders gut mit dem Publikum, denn sie schicken es auf Traumreisen: auf gedankliche Lustfahrten in unbekannte Länder, auf Fantasie-Expeditionen zu fremden Menschen und vor allem auf geistige Erholungsreisen in weit entfernte Epochen.

Karl-May-Aspekt

Das Motto der Resonanzen 2013 wurde durch einen Zufallsfund während der Vorbereitungen im vergangenen Jahr inspiriert: Karl May hielt ausgerechnet in den Wiener Sofiensälen seinen letzten Vortrag. Er versuchte darin, seine Fabulierkunst auf eine philosophische Ebene zu stellen. Sein hoffnungsloses Unterfangen ist bezeichnend für die Hartnäckigkeit, mit der Menschen an ihren Traumgebilden festhalten. Das aktuelle Resonanzen-Motto "Traumreisen" gilt also sowohl der Art und Weise, wie Alte Musik empfunden wird, als auch den damit verbundenen Sehnsüchten und unerreichten Schönheitsidealen.

Wie sehr das Klangerlebnis vom Klangkörper abhängt und welche Fülle an Instrumenten die vergangenen Jahrhunderte hervorbrachten, zeigt gleich am ersten Resonanzen-Wochenende (19./20.  Jänner) die Ausstellung "Historischer Instrumentenbau" in den Sälen und Foyers des Wiener Konzerthauses. Rund 70 internationale Hersteller/innen zeigen Funktions- und Spielweisen ihrer Instrumente, die ausprobiert und erstanden werden können.

Moden, Mythen, Meisterwerke

Le Poème Harmonique unter Vincent Dumestre entführen zur Festivaleröffnung am 19.  Jänner auf eine Reise "Einmal um die ganze Welt". Die wachsende Orientbegeisterung am Hof des französischen Sonnenkönigs gipfelte in Kompositionen und tanzbaren Werken des französischen Barock - versehen mit den Zusätzen "à la grecque", "à la turque" und "à l'arabe".

Bei Hespèrion XXI, La Capella Reial de Catalunya und seinen Gästen Tembembe Ensamble Continuo aus Mexico wird es dann südamerikanisch-temperamentvoll. Denn Jordi Savall, seit vielen Jahren geschätzter Stammgast auf der Resonanzen-Bühne, geleitet am 20.  Jänner auf "La Ruta del Nuevo Mundo".

Concerto Romano hingegen ist auf dem Weg "Nach Rom". Dort hatten sich zu Beginn des 17. Jahrhunderts neue Formen musikalischer Andacht entwickelt: die Vorläufer des Oratoriums. In Wien werden die italienischen Shootingstars der Alten Musik am 21.  Jänner Jonas und Dives malus von Giacomo Carissimi sowie Dialogo di Lazaro und Dialogo della Maddalena von Domenico Mazzocchi erklingen lassen: Mozarabische und sefardische Gesänge sowie türkische Musik aus der osmanischen Zeit - Musik wie aus einem Märchen aus 1001 Nacht. Das Ensemble Micrologus unter Patrizia Bovi serviert am 22. Jänner uralte Lieder unter dem Titel "Canti dell' antico mare".

Grand Tour

Wovon die meisten Menschen in vergangenen Zeiten nur träumten, war ein Meilenstein im Leben junger Adeliger: Eine große Reise in die Hauptstädte Europas, in die Zentren des damaligen Kultur- und Geisteslebens war die Urform des Kulturtourismus. Der Cembalist Ton Koopman verfolgt am 23. Jänner mit Werken von Louis Couperin, Domenico Zipoli, Benedetto Marcello, Johann Adolf Hasse und Carl Philipp Emanuel Bach eine fiktive "Grand Tour".

Im Gegensatz dazu verlässt die Hamburger Ratsmusik europäischen Boden. "Hamburg - Isfahan & zurück" beruht auf einer Reise nach Persien, die 1635 in Hamburg ihren Anfang nahm. Peter Matić liest - untermalt mit Werken von Michael Praetorius, Christian Herwich und anderen - am 24.  Jänner aus dem Tagebuch des Hofdichters Adam Olearius. Darin schildert er die Abenteuer dieser sechs Jahre währenden Odyssee.

Conjunto de Música Antigua Ars Longa aus Havanna gastieren am 25.  Jänner mit ihrem geistlichen Lateinamerika-Programm "El tesoro de las Indias". Sopranistin und Ensemblechefin Teresa Paz Román hat im Domschatz der spanischen Vizekönige großteils unbekannte und noch nie gehörte Werke entdeckt. Am 26.  Jänner erteilen Conjunto de Música Antigua Ars Longa Nachhilfe in Sachen barocke lateinamerikanische Musik.

Traumziel Indien

Auch die traditionelle Musik der Nomadenstämme der Thar-Wüste Rajasthans ist im Wortsinn Alte Musik. "Nomaden im Land der Könige" entführt am 26.  Jänner mit Tanz, Gesang und traditionellen Instrumenten ins alte Indien. La fonte musica unter Michele Pasotti nimmt sich am 27. Jänner antiker Mythen an, die im 14.  Jahrhundert in polyphonen Werken Bartolino de Padovas, Filipotto de Casertas und Guillaume de Machauts ihren Niederschlag fanden.

Zum Abschluss des Festivals geht es wieder auf den Subkontinent: Mit seiner zweiten Oper "Les Indes galantes" gelang Jean-Philippe Rameau 1735 der Durchbruch zum bedeutendsten Komponisten Frankreichs. Inspiration fand er wohl 1725 beim Auftritt zweier "Indianer" aus Louisiana, die im Pariser Théâtre Italien zu ihrer Musik tanzten. La Simphonie du Marais und Le Choeur du Marais unter Hugo Reyne bringen diese fantasievolle Ballett-Oper am 27.  Jänner zu Gehör.

Service

Ö1 Club-Mitglieder bekommen bei den Resonanzen 2013 ermäßigten Eintritt (zehn Prozent).

Konzerthaus - Resonanzen 2013

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