1955 - Der Lohner-Roller

Wir befinden uns heute im Jahr 1955 und sitzen auf einem Motorroller der österreichischen Firma Lohner. Diese grün-metallic lackierte L 125 mit Dreiganggetriebe verfügte über 6 PS und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h.

Dass die italienische Vespa bei dem österreichischen Modell Pate gestanden hatte, ist unverkennbar und die Vespa wurde von den Lohner-Werken auch klar als Vorbild deklariert. Unterschiede gab es aber doch. Schon vor dem Zweiten Weltkrieg hatten deutsche Produzenten sogenannte "Sesselmotorräder" hergestellt, den Rollerboom in Österreich begründeten aber erst die italienischen Fabrikate wie "Lambretta" oder eben die "Vespa" von Piaggio. Die Motorroller waren dabei nicht nur praktische Stadtfahrzeuge, sondern versprühten auch südländische Lebensfreude. Ein richtiggehendes Italienfieber brach damals aus, das durch Schlager und Kinofilme rasch weiterverbreitet wurde.

Lohner-Roller

(c) TMW

Der Lohner-Roller kostete Mitte der 1950er Jahre ungefähr ein halbes Jahresgehalt. Anders als bei den italienischen Modellen hatte man die L 125 nicht als reines Stadtfahrzeug konzipiert, sondern auch für Landausflüge und Urlaubsfahrten Richtung Süden ausgerüstet.

Bei der Wahl des fahrbaren Untersatzes stießen damals zwei Weltanschauungen aufeinander. Weil beim Motorroller die Technik hinter bunt lackierten Blechen versteckt war und der Fahrkomfort im Vordergrund stand, kam er für "echte Männer" nicht in Frage. Jeder Halbstarke, der etwas auf sich hielt, fuhr deshalb Motorrad. Beim Motorroller hingegen sollten gar keine Gedanken an Marlon Brando, schwere Jungs und Lederjacken aufkommen. Nicht Aggressionen wollte man hier schüren, sondern eine prickelnde Erotik.