"Falken" von Hilary Mantel

Als die britische Autorin Hilary Mantel 2009 für ihren historischen Roman "Wölfe" den Booker-Preis bekam, kündigte die damals 57-Jährige an: Das Preisgeld von 50.000 Pfund werde sie für "sex, drugs and Rock’n’Roll" verwenden. Damit ließ es die Juristin und ehemalige Sozialarbeiterin allerdings nicht bewenden. "Falken" heißt ihr neues Buch.

Doppelte Booker-Preis-Ehre

Mit "Falken" hat Hilary Mantel die Arbeit an ihrem auf drei Bände angelegten Romanzyklus fortgesetzt und heimste für diesen Teil zwei ein weiteres Mal den Booker-Preis ein. Sie ist die erste britische Autorin in der 44-jährigen Geschichte dieser renommierten Auszeichnung, der diese doppelte Ehre widerfährt. Die Autorin habe die Regeln für den historischen Roman neu definiert, lobte die Booker-Preis-Jury Hilary Mantel.

Wie hat es sich also angefühlt - das Leben in der Ära von Heinrich dem VIII. Tudor, einer Ära die - wie Hilary Mantel sagt - alles hat, was die Menschen bis heute fasziniert. Und sie zählt auf: Melodrama, Verrat, Verführung, Sex und gewaltsamen Tod. Am Beispiel des englischen Staatsmannes Thomas Cromwell, dem Berater und Vertrauten von Heinrich dem VIII., zeichnet Hilary Mantel das Bild einer Epoche und ein aktuelles Porträt der Macht.

"Was immer man von ihm hält, seine Geschichte ist faszinierend: Cromwell war der Sohn eines Schmieds, d. h. er kam aus armen Verhältnissen. Er wurde zum Grafen und zur rechten Hand des Königs - in einer der turbulentesten Dekaden der englischen Geschichte. Da fragt man sich: Wie hat er das geschafft?", so Hilary Mantel.

Der Aufstieg des Thomas Cromwell

Nach "Wölfe" - so der Titel des ersten Teils der Trilogie über den Aufstieg Cromwells - erzählt Hilary Mantel in "Falken" von den Intrigen am Hof Heinrichs des VIII., von Cromwells Rolle bei der Hinrichtung von Anne Boleyn - und sie erzählt im Präsens und aus der Perspektive Cromwells, der uns nicht nur als skrupelloser und korrupter Machtpolitiker entgegentritt, sondern auch als charmanter und gebildeter Renaissancemensch.

"Manche Leute meinten, dass ich zu verständnisvoll sei Cromwell gegenüber. Aber ich habe auf ein Maximum an Vieldeutigkeit und Unklarheit gesetzt. Es gibt so viele Versionen der Wahrheit. Ich selbst habe keine eindeutige Meinung über Cromwell und ich wollte, dass es den Lesern genau so geht. Also: Alles ist offen - bis zum letzten Satz im letzten Buch", meint Hilary Mantel.

An diesem, am dritten Teil der Trilogie arbeitet Hilary Mantel derzeit. Und nebenbei analysiert sie "Royal Bodies" - so der Titel eines Vortrags, den sie jüngst im Londoner British Museum gehalten hat.

Von Anne Boleyn bis Kate

Hilary Mantel hat Prinz Williams Ehefrau Kate als "Schaufenster-Puppe" ohne Persönlichkeit kritisiert. Kate mit ihrem perfekten Plastik-Lächeln scheine für ihre Rolle als Prinzessin ausgewählt worden zu sein, weil sie tadellos ist: unglaublich dünn, ohne Eigenarten, ohne Kuriositäten, ohne das Risiko, dass sie Charakter zeigt.

Die Aufregung war groß, die britische Presse zeigte sich entsetzt, BBC berichtete zur Prime-Time und der britische Premierminister Cameron meldete sich zu Wort, um Kate zu verteidigen. Er wäre wohl besser beraten gewesen, Hilary Mantels ganzen Vortrag in der "London Review of Literature" nachzulesen. Pointiert argumentierend und mit analytischer Schärfe breitet Hilary Mantel da ihr fundiertes Wissen aus: über das Schicksal von Frauen an königlichen Höfen und ihre Rolle in der Öffentlichkeit - heute wie damals - von Anne Boleyn bis eben zu Kate.

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