Roman von Doris Knecht

Besser

Es soll ja Leute geben, die auf die Nennung des Wortes "Bobo" - und erst recht auf das, was dieses Wort bezeichnet - mit der Ausbildung allergischer Pusteln reagieren. Für Zeitgenossen dieser Art gilt die Devise: Hände weg von Doris Knechts Roman. Denn bobohafter als dieser - in Sprache, Anmutung und Inhalt - kann ein Roman nicht daherkommen.

Wie in ihrem Romanerstling "Gruber geht" taucht Doris Knecht auch diesmal tief in das Milieu der Wiener Caffè-latte-Schickeria ein, in die Welt jener "Bourgeois Bohemiens", die als Youngsters in Lokalen wie dem "Flex" oder dem "Chelsea" abgehangen sind und sich jetzt, nach Absolvierung der Quarterlife-Crisis, mit den Mühen des Familienalltags abplagen.

Eigentlich Künstlerin

Um es rundheraus zu sagen: Knechts Heldin Antonia Pollak ist so was von Bobo, dass es fast schon ans Stereotype grenzt. Eigentlich versteht sich Antonia als Künstlerin, sie faltet Pappmaché-Collagen oder etwas in der Art, aber in gewissen Augenblicken muss sich Knechts Ich-Erzählerin eingestehen, dass sie sich seit längerer Zeit eigentlich primär als Hausfrau und Mutter verwirklicht.

Zwischen Blümchensex mit dem Gatten und liebender Kleinkind-Aufzucht findet Antonia allerdings immer wieder Gelegenheit, sich in den Armen eines Lovers - der Mann ist Kriegsreporter - über die Einförmigkeiten des Familienalltags hinwegzutrösten. In einer Szene gleich zu Beginn des Romans bereitet die Heldin sich im Kreise ihrer Lieben auf eine Essenseinladung vor:

Guter Schmäh

Es gibt eine Menge hippe Jung-Eltern-Gespräche in Doris Knechts Roman. Das liest sich angenehm und fluffig, auch weil die Knecht die milieuspezifische Idiomatik draufhat und über einen guten Schmäh verfügt. Knechts Heldin Antonia, so erfahren wir nach wenigen Seiten, ist mit einem netten, linksliberalen Immobilienentwickler verheiratet (gibt's sowas?), einem sympathischen Burschen von eher phlegmatischem Naturell. Dass der Ehegespons ausgerechnet Adam heißt, darf wohl als Anspielung auf einen paradiesischen Geschlechtsgenossen gleichen Namens verstanden werden.

Das alles klingt nach wohligster, kuscheliger Geborgenheit. Doch Doris Knechts Protagonistin hat - wie heißt das in der Kolportage-Literatur so schön? - ein dunkles Geheimnis. Und damit beginnen die Probleme, nicht bloß für die Protagonistin, auch für den Leser.

Unglaubwürdiges Vorleben

Das Hauptproblem: Man kauft Knecht den Plot nicht ab, den sie da auf durchaus schleißige Weise entwickelt. In Antonias früherem Leben, so wird in vage gehaltenen Rückblenden angedeutet, hat es abgründige Verwicklungen gegeben, Gewalt und Drogen scheinen eine Rolle gespielt zu haben, was genau im früheren Leben der Protagonistin passiert ist, erfahren wir nicht. Außerdem tritt ein böser Mann aus Antonias Vergangenheit in ihr behütetes Dasein, ein geheimnisvoller Brutalo in Bomberjacke, zu dem Knechts Heldin sich auf irgendwie perverse Weise hingezogen fühlt.

Mit Verlaub: Das funktioniert nicht. Von der Klischeehaftigkeit des Plots einmal abgesehen. Weder glaubt man der intellektuellen Szene-Plaudertasche Antonia ihre dunkle Vergangenheit, noch trägt der schwache Grundkonflikt - mehr herbeigeraunt als stimmig ausgeführt - die Konstruktion des Romans.

Fit statt fett

Doris Knecht kann schreiben, das weiß man, und das zeigt sie natürlich auch in diesem Buch. Dramaturgisch mag der Roman schwächeln, dennoch punktet die Autorin immer wieder mit treffenden Beobachtungen und witzigen Formulierungen. Im Selbstverwirklichungs-Milieu der etablierten Mittelschicht zum Beispiel, so erfährt man, sind Korpulenz und Dicksein absolute No-Gos:

Mit "Besser" hat Doris Knecht einen flotten, amüsanten Unterhaltungsroman über die Liebe in Zeiten der Eurokrise geschrieben. Das Buch hat seine Insuffizienzen, wie erwähnt. Dennoch wird es sein Publikum finden. Weil es einfach saugut geschrieben ist.

Service

Doris Knecht, "Besser", Hoffmann und Campe