1962 - SW-Barschrank

Heute befinden wir uns im Jahr 1962 und vor uns steht ein scheinbar ganz einfacher Schrank aus lackiertem Holz. Der untere Teil bot mit seinen zwei Regalen auch tatsächlich nur Stauraum, doch im Fach darüber versteckte sich der eigentliche Clou dieses Möbels: die Bar.

Dieser Barschrank war Teil der Aktion "Soziale Wohnkultur", kurz SW, in der ein Möbelsortiment entworfen wurde, das für breite Bevölkerungsschichten erschwinglich war. Außerdem waren diese Möbel funktional, formal eher streng gehalten und äußerst platzsparend gestaltet.

SW-Möbel

(c) Wien Museum

Weil in der Nachkriegszeit die meisten Wohnungen tatsächlich nur über ein Zimmer verfügten, waren deshalb auch Schlafcouchen oder ausklappbare Betten besonders beliebt. Informieren konnte man sich über das Angebot der Aktion "Soziale Wohnkultur" in einer Dauerausstellung, die verschiedene Musterzimmer zeigte. Das Programm wurde immer wieder erweitert, zum Beispiel um einen damals hochmodernen Plastikbodenbelag.

Der Einrichtungsarchitekt Oskar Payer war aktiv an der Gestaltung der SW-Möbel beteiligt, sein Buch "Praktische Wohnungskunde" aus dem Jahr 1953 wurde zum Bestseller, der bis in die 1970er Jahre hinein immer wieder neue Auflagen erfuhr. Seine Firma "Payer Decor" lag prominent am Stephansplatz und trug mit ihrem Sortiment wesentlich zur Verbreitung eines modernen Einrichtungsstils bei.

Die Aktion "Soziale Wohnkultur" erfuhr eine ungeheure Breitenwirkung, denn mit den Möbeln wurden nicht nur Privaträume, sondern auch Kolpingheime und Fremdenpensionen eingerichtet. Nicht zuletzt wegen des günstigen Preises, der anfangs ein Viertel unter dem herkömmlicher Möbel lag, wurden die SW-Möbel zum Verkaufsschlager und brachten den beteiligten Firmen beträchtliche Gewinne. Sie konnten expandieren und so entstanden nach und nach die bis heute existierenden großen Möbelhäuser am Stadtrand.