Josef Winkler: "Mutter und der Bleistift"

Die literarische Auseinandersetzung mit seiner Kindheit in Kärnten hat Josef Winkler heftige "Nestbeschmutzer"-Vorwürfe eingetragen. Seine Abrechnung mit dem Sumpf der Kärntner Lokalpolitik, sein Kampf gegen Jörg Haider und seine politische Erben brachten ihn ins Zentrum tagespolitischer Auseinandersetzungen. Jetzt, kurz nach seinem 60. Geburtstag, meldet er sich mit einem neuen Buch zu Wort: "Mutter und der Bleistift".

Mit 87 Jahren ist die Mutter von Josef Winkler anno 2011 an einer Thrombose im Krankenhaus in Spittal/Drau verstorben. Josef Winkler hat ihr jetzt ein eindrucksvolles literarisches Denkmal gesetzt.

Die Auseinandersetzung mit seinem übermächtigen Vater hat Josef Winkler über die Jahre und Jahrzehnte hinweg auf Tausenden Seiten geführt - mit einem wortgewaltigen Schlussakkord vor fünf Jahren in der Novelle "Roppongi", einer letzten Abrechnung nach dem Tod des Vaters. Jetzt taucht Winker noch einmal ein in das Universum einer Kindheit im "wilden Kärnten" wie es in seiner frühen Romantrilogie heißt. Fiebrig, besessen, expressiv und Litanei-artig rhythmisiert erzählt er von bäuerlichen Herrschaftsstrukturen, kirchlichen Ritualen und von Sprachlosigkeit.

"Als das Weihwassertrinken noch geholfen hat"

Seine Kindheit und Jugend waren eine einzige Anstrengung, dem Schweigen zu entkommen, sagt Josef Winkler und in seiner neuen Novelle schreibt er: "Ich wollte heruntersteigen vom dörflichen Misthaufen meines katholischen Heimatdorfes, koste es mich das Leben, koste es mich den Tod." Die Rettung waren die Bücher: Karl May und "Die Pest" von Camus.

Kindheitsszenen und erzählte Familiengeschichte verwebt Josef Winker virtuos mit Reiseaufzeichnungen aus Indien, Südfrankreich und Kiew und mit der Lektüre von Ilse Aichinger und Peter Handke. Und in Analogie zu Handkes Textsammlung "Als das Wünschen noch geholfen hat" erinnert sich Josef Winkler an die Zeit, "als das Weihwassertrinken noch geholfen hat". Eine allerletzte Weihwasserflasche hat Josef Winkler seiner Mutter noch in den Sarg gelegt.

"Service"

"Mutter und der Bleistift", Josef Winklers Requiem für seine verstorbene Mutter, ist bei Suhrkamp erschienen.

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