Luis S. Krausz: Brasilien als Exil
Der brasilianische Schriftsteller Luis S. Krausz macht sich in seinem autobiografischen Roman "Verbannung - Erinnerungen in Trümmern" auf die Suche nach seiner Identität und seinen jüdisch-österreichischen Wurzeln.
8. April 2017, 21:58
Seine Großeltern wanderten in den 1920er Jahren von Wien nach Sao Paulo aus. Das Trauma des Exils ließ sie eine Welt konstruieren, die nicht mehr Europa entsprach, die aber auch nie in Brasilien ankam. Krausz präsentierte sein Buch im Jüdischen Museum in Wien.
Morgenjournal, 29.4.2013
Eigentlich wollte der Großvater des Schriftstellers Luis S. Krausz Österreich nur für ein paar Jahre verlassen. Er hatte vor, mit seiner Frau die schlimmsten Jahre der Wirtschaftskrise nach dem Ersten Weltkrieg im Ausland abzuwarten und wieder zurückzukehren. Krausz' Großeltern landeten in Brasilien, in Sao Paolo. Das war 1925. Als 1933 die Nationalsozialisten in Deutschland an die Macht kamen, holten sie auch ihre Eltern nach. Und kamen nie wieder zurück.
Luis S. Krausz, der 1961 in Sao Paulo geboren wurde, bekam die Erinnerungen seiner Familie vererbt, wie er sagt. Für ihn sind sie das Fundament seiner Identität. In seinem autobiografischen Roman "Verbannung - Erinnerungen in Trümmern" sammelt Krausz die Erinnerungstrümmer seiner Familie, die vor allem vom Trauma des Exils erzählen.
Idealisierte Heimat
Krausz' Großeltern idealisierten ihre alte Heimat Österreich, je länger sie von ihr fort waren. Diese Idealisierung sei ihnen deshalb möglich gewesen, sagt Luis Krausz, weil sie emigriert waren, bevor die Nationalsozialisten in Österreich an die Macht kamen.
Nach dem Krieg flüchteten allerdings viele Nationalsozialisten nach Brasilien und einige zogen auch in die Nachbarschaft von Krausz' Großeltern. Man ging sich aus dem Weg, sagt Krausz. Für die Großeltern bedeutete diese Situation einen Widerspruch, der nicht zu überwinden war. Einerseits fühlten sie sich nach wie vor ihrem Herkunftsland verbunden, andererseits waren sie von dieser Heimat ins Exil gezwungen worden, weil sie Juden waren. Krausz Großeltern fanden in Brasilien kein neues Zuhause.
Der Roman "Verbannung - Erinnerungen in Trümmern" ist im Verlag Hentrich und Hentrich in der Reihe "Jüdische Spuren" erschienen.