Kratziger Protest

1978 - Die Jutetasche

Heute befinden wir uns im Jahr 1979 und halten eine Jutetasche mit dem Aufdruck “Jute statt Plastik“ in der Hand.

Obwohl diese einfachen Beutel alles andere als praktisch waren, entwickelten sie sich schnell zu einem wirkmächtigen, politischen Symbol, erinnert sich Susanne Breuss, Historikerin im Wien-Museum.

Das Wirtschaftswunder der 50er- und 60er-Jahre hatte zu einer Konsumgesellschaft geführt, deren bedenkenloser Umgang mit den vorhandenen Ressourcen von der “Jute statt Plastik“-Bewegung scharf kritisiert wurde. Gleichzeitig rückten auch die Probleme der Dritten Welt mehr und mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit.

Jute Tasche

(c) Wien Museum

Neben dem sozialen Protest wurde der Umweltschutz zum großen Thema. Vor allem der Kampf gegen das Atomkraftwerk Zwentendorf mobilisierte damals die Bevölkerung. Gegen den großen Atomenergie-Befürworter, den damaligen Bundeskanzler Bruno Kreisky.

Im bislang eher protestmüden Österreich entstand plötzlich eine lebendige Demonstrationskultur. “Atomkraft, nein danke!“ stand jetzt auf den Jutetaschen der Lausbuben und ihr Kampf hatte Erfolg. Mit einer hauchdünnen Mehrheit kam das Aus für das Atomkraftwerk Zwentendorf.

Schon sechs Jahre später feierte die Basisdemokratie ihren zweiten großen Erfolg. Damals, im Jahr 1984, verhinderte eine groß angelegte Bürgerbewegung die Errichtung des Kraftwerks Hainburg und die Zerstörung der Donauauen. Viele Prominente und Künstler schlossen sich damals den Protesten an.

Die Geburtsstunde der Grünen geht auf diese Protestbewegung zurück, ihr Symbol, die Jutetasche, geriet jedoch in Vergessenheit. Aus dem einst rauen und kratzigen politischen Banner ist damit ein allgemein verträgliches Lifestyle-Accessoire geworden.