Venedig: Biennale-Ehrung für Lassnig

An diesem Wochenende wurden bei der Kunstbiennale in Venedig die Goldenen Löwen verliehen. Die österreichische Künstlerin Maria Lassnig wird für ihr Lebenswerk geehrt, gemeinsam mit der italienischen Bildhauerin Marisa Merz. Als bester Künstler hat der in London geborene und in Berlin ausgebildete Performance-Künstler Tino Sehgal den Goldenen Löwen erhalten.

Morgenjournal, 3.6.2013

In der über 100 jährigen Biennale-Geschichte kein Goldener Löwe fürs Lebenswerk für Österreich. Und jetzt gleich zwei Mal hintereinander. Nach Franz West 2011 wurde heuer Maria Lassnig mit der Trophäe ausgezeichnet.

Die 93-jährige Maria Lassnig konnte die Trophäe nicht persönlich in Empfang nehmen und ließ ausrichten, sie sei einfach zu schwach und die Lagune von Venedig sei zu weit weg.

Weitere heimische Künstler, die bei der diesjährigen Biennale vertreten sind: Walter Pichler und Peter Fritz, ein Versicherungsbeamter und Bastler, von dem 400 kleine Architekturmodelle in einem Trödelladen aufgetaucht sind. In liebevoller Kleinstarbeit hat Fritz aus Tapetenpapier und Zigarettenschachteln sehr bunt und verwinkelt architektonische Schmuckstücke entstehen lassen.

Es ist die Besessenheit von Amateuren und selbsternannte Philosophen, die Kurator Massimiliano Gioni bei dieser Biennale zum Kunstwerk erhebt. Ein mutiges Unterfangen, mit dem Gioni die Kunstwelt erneuern will, in der sich immer mehr technisch perfekte aber nichtssagende Künstler ausbreiten. Außerdem hebt Gioni die unsichtbare Kunst ins Rampenlicht, die Bilder, die man mit geschlossenen Augen sehen kann, wie er sagt.

Ein esotherischer oder religiöser Ansatz? Nein, sagt Gioni, es gehe ihm um unsere inneren Bilder und er zeigt Arbeiten von psychisch Kranken oder faszinierende psychedelische Bleistiftzeichnungen eines französischen Philosophen, von Roger Callois. Auch wenn man andere Arbeiten am besten gleich wieder vergisst, sind vor allem im Hauptpavillion erstaunliche Entdeckungen möglich.

Vielleicht hat sich Massimiliano Gioni mit seinem diesjährigen Motto "Il Palazzo encyklopedico" ein bisschen viel vorgenommen: in Zeiten, in denen wir von Informationsfluten aus dem Internet überschwemmt werden, scheint der Versuch, dem weltumspannenden Wissen einen zentralen Sinn zu verleihen, ebenso verzweifelt wie vergeblich. Das Resultat: ein etwas beliebiger Bauchladen.

Offensichtlich versucht Gioni mit seiner Sinnsuche die Konzepte der letzten documenta in Kassel fortzusetzen, allerdings braver und mit einem etwas wackeligen theoretischen Gerüst. Wie auch immer: alleine mit dem Einschleusen von Amateuren, Philosophen und Kryptikern in den Elfenbeinturm der Kunst zeigt diese Biennale viel Mut. Sie verpasst der Kunstszene eine Frischzellenkur und setzt damit neue Maßstäbe.