Portrait David McVicar

An der Wiener Staatsoper geht kommenden Donnerstag die letzte von insgesamt fünf Premieren dieser Saison über die Bühne. Und sie ist - wie könnte es anders sein - Richard Wagner gewidmet, dessen 200. Geburtstag ja heuer gefeiert wird. Am Programm steht "Tristan und Isolde" in einer Neuinszenierung des Schotten David McVicar, der an der Staatsoper sein Hausdebüt gibt.

Tristan und Isolde

(c) Techt, APA

Kulturjournal, 10.06.2013

Das Schiff, auf dem Tristan und Isolde im ersten Akt Richtung Cornwall segeln, ist ein Wrack. Am Himmel steht ein riesiger Vollmond, der seine Farben ändert. Später dominiert eine Art Pyramide aus naturbehauenen Steinen das Bühnenbild und bringt Dynamik in den Raum.

Regisseur David McVicar ist überzeugt: Die Oper "Tristan und Isolde" braucht nicht viel, damit sie ihre Wirkung zu entfaltet. Um Richard Wagners großes Musikdrama über die Kraft der Liebe, die alles Irdische überwindet, zu erzählen, reichen wenige, dafür aber wirkkräftige Bilder.

Einfachheit

Dieser Begriff ist zentral in den Regie-Arbeiten von David McVicar. Bevor man sich an irgendwelche Deutungen eines Opernstoffs wagen könne, müsse man erst einmal die Geschichte erzählen, ist der schottische Regisseur überzeugt.

In einem Interview mit der britischen Tageszeitung "The Independent" wetterte er vor einiger Zeit gegen das sogenannte "deutsche Regietheater", das Werke in Zwangsjacken namens "Konzept" stecke. In Wahrheit sei es viel schwieriger, die Handlung einer Oper mit einfachen Mitteln zu erzählen, sagt McVicar, aber nur so könne man eine Verbindung zum Publikum herstellen.

Aus Frust zur Regie

Der Weg des Opernregisseurs war David McVicar keineswegs vorgezeichnet. 1966 in Glasgow geboren, begann er an der Royal Scottish Academy of Music and Drama Schauspiel zu studieren. Bald schon aber frustrierte ihn der Stil der Regisseure, mit denen er zusammenarbeitete. Nur selten habe er Hinweise bekommen, die ihm als Schauspieler geholfen hätten. Schon damals habe er nicht verstanden, wie er sich mit einer Figur identifizieren sollte, wenn alles nur auf intellektueller Basis passiere, so McVicar.

"Meine persönliche Offenbarung hatte ich, als ich Peter Brook und sein Pariser Ensemble "Théatre des bouffes du nord" kennenlernte. Einige Kollegen und ich durften drei Tage mit ihm zusammenarbeiten. Er brachte uns bei, all unsere Konzepte über Theater und Schauspiel beiseite zu lassen und uns auf das Wesentliche zu konzentrieren. Da wurde mir das erste Mal bewusst, wie schwierig und gleichzeitig lohnend es ist, einfach zu sein. Ab diesem Zeitpunkt beschloss ich, es selbst mit der Regie zu probieren."

McVicar begann, frei und auf eigene Faust Theater zu machen; so habe er das Handwerk von Grund auf gelernt, sagt er. Zur Opernregie ist er eher zufällig gekommen: Begonnen habe es vor zehn Jahren mit einer Einladung, mittlerweile sei sein ganzes Leben davon bestimmt, so der Regisseur.

Das liegt wohl am Erfolg seiner Arbeit: Mehrere seiner Produktionen in Großbritannien, etwa Händels "Giulio Cesare" oder Brittens "The Turn of the Screw", sind preisgekrönt.

2010 bis 2012 inszenierte er den gesamten Ring-Zyklus von Richard Wagner an der Opéra national du Rhin in Straßbourg und wurde auch hier von Kritikern hochgelobt.

Vielleicht führt der Regieauftrag an der Wiener Staatsoper nun dazu, dass David McVicar, der Mozart seinen Lieblingskomponisten nennt, auch im deutschsprachigen Raum mehr Anerkennung bekommt. Umso gespannter darf man auf die Reaktionen des Wiener Premierenpublikums sein.