1997 - Digitalkamera

Wir befinden uns im Jahr 1997 und halten eine Digitalkamera der Marke Sony Mavica in Händen. Dieses Gerät hatte nicht nur den Vorteil, für den Amateur halbwegs erschwinglich zu sein, sondern war auch die erste Digitalkamera, die ihre Bilder direkt auf Diskette speicherte.

Die Bilder ließen sich damit ohne Aufwand auf den PC übertragen, dort weiterverarbeiten und aufbewahren. Das Papierbild, als haptisches Artefakt, verlor an Bedeutung. Die Fotografie war damit nicht mehr zwingend mit Mehrkosten für Entwicklung und Bildausdruck verbunden.

Die Festplatte des Computers speicherte jetzt nicht mehr nur Arbeitsunterlagen oder bürokratische Dokumente, sondern wurde zum virtuellen Gedächtnis der eigenen Existenz. Mit der Entstehung neuer Internetplattformen und dem Aufkommen der Handykameras nahm diese Entwicklung noch einmal eine ganz neue Dimension an. Die Bilderflut explodierte und drängte gleichzeitig zur Veröffentlichung ins Netz. "Ich bilde mein Leben ab, also bin ich", wurde zum Credo der Generation Facebook.

Digicam

(c) Technisches Museum Wien

Mit der Sony Mavica als einer der ersten Digitalkameras änderte sich auch die Gestensprache der Fotografie. Hatte man bisher seine Bilder, wie ein Jäger, mit ans Gesicht gepresster Kamera geschossen, so fotografierte man jetzt mit angewinkelten Armen und Blick auf einen LCD-Monitor.

In den Anfangsjahren der Digitalfotografie fand man auf den Titelseiten der Tageszeitungen auch immer wieder verpixelte oder schlecht aufgelöste Fotos. Plötzlich stand nicht mehr die Bildqualität im Vordergrund, alleiniger Maßstab schien jetzt die Aktualität des Materials zu sein.

Was die Digitalfotografie noch losgetreten hat, ist die Lust am Effekt. Bildbearbeitungsprogramme und Handy-Apps sorgen für schräge Farben und Unschärfen. Und derart ins rechte Licht gerückt, macht noch das banalste Objekt eine gute Figur. Die 15 Minuten Weltberühmtheit, die Andy Warhol einst jedem Menschen versprochen hat, stehen nun jedem Fotomotiv offen.