Richterposten: Opposition verärgert

Neue Landesverwaltungsgerichte werden in einem halben Jahr die Arbeit aufnehmen - wobei die Länder auf jeweils eigene Regeln für diese Gerichte beharrt haben und auch darauf, die Richterstellen nach eigenen Regeln zu besetzen. Die Folge sind intransparente Postenvergaben und Strukturen. Die Opposition, die diese "Jahrhundert-Reform" mitgetragen hat, ist jetzt schwer verärgert.

Mittagsjournal, 8.7.2013

"Wir waren zu naiv"

Es war ein Fünf-Parteien-Beschluss des Nationalrats im Mai 2012, der den Startschuss für die Landesverwaltungsgerichte bildete. Wie immer wehrten sich die Länder gegen einheitliche verfassungsrechtliche Spielregeln, und der Bund gab nach. Auch die Opposition gab nach, die sich mit einem Entschließungsantrag abspeisen ließ, wonach die Regierung auf klare und nachvollziehbare Landesregelungen drängen werde. Der freiheitliche Verfassungssprecher Harald Stefan heute dazu: "Vielleicht waren wir da zu naiv." Denn Bedenken hatten alle. Auch Peter Wittmann, Verfassungssprecher der SPÖ: "Es ist müßig darüber zu diskutieren, wenn es nicht möglich ist, das durchzusetzen. Natürlich wäre es vernünftiger gewesen, einheitliche Regeln zu bekommen."

"Das war zu befürchten"

Herbert Scheibner vom BZÖ stößt sich ebenfalls am falsch verstandenen Föderalismus und meint: "Genau das ist zu befürchten gewesen - dass in den Bundesländern die Landesfürsten ihre eigenen Leute in die Gerichte setzen. Es geht ja noch weiter: Es ist zu befürchten, dass es neun verschiedene Dienstordnungen und Organisationsstatute für diese Gerichte gibt."

In Tirol etwa sollen die Verwaltungsrichter vergleichsweise besonders gering bezahlt werden, auch Richtervertreter sorgen sich um die Unabhängigkeit. FPÖ-Mandatar Stefan nennt das Beispiel Wien, wo nicht wie in anderen Ländern die Richter der Unabhängigen Verwaltungssenate automatisch übernommen würden, sondern "dass alle gekündigt werden und neu übernommen werden. Und bei der Neuübernahme schaut man dann genau, wen man will und wen nicht." Das sei eine "Frechheit" und verkerhe den Sinn eines unabhängigen Gerichts in sein Gegenteil.

Wie transparent ist Wien?

Präsident des Wiener Verwaltungsgerichts wird ein Verfassungsrechtler, dem keine Parteinähe vorzuwerfen ist. Doch intransparent ist das rot-grüne Wien auf jeden Fall. Ausgeschrieben wurde eine unbekannte Zahl von Richterposten, keiner weiß wie viele Richter gebraucht werden. Die Grüne Verfassungssprecherin Daniela Musiol dazu: Sie gehe davon aus, dass eine Landesregierung mit grüner Beteiligung auf Transparenz und Nachvollziehbarkeit setze. Aber sie könne die Vorgänge in Wien nicht beurteilen, weil sie sie nicht genau kenne. Es sei jedenfalls bedauerlich, dass die Länder die Unabhängigkeit der neuen Gerichte nicht genug ernst nehmen, so Musiol.

Qualifizierter durch Parteiarbeit?

ÖVP-Obmann Vizekanzler Michael Spindelegger sieht das nicht so dramatisch. Wichtig sei doch vor allem die Qualifikation: "Dass jemand einmal in einer Partei oder einem Regierungsbüro gearbeitet hat, das heißt ja nicht, dass er unqualifiziert ist. Ganz im Gegenteil: Es kann ja im Rahmen seines Lebenslaufs eine wichtige Station sein, wo ich mehr Einblicke bekomme, als wenn ich nur strikt bei einem Gericht oder einer Behörde gearbeitet habe." Spindelegger sieht daher auch keinen Handlungsbedarf. SPÖ-Verfassungssprecher Wittman will hingegen nachjustieren und mit den Ländern reden.