Die radikal einfache Idee, die Ihr Leben verändert
Machen, nicht denken!
Positiv denken und alles gelingt, alles ist gut? Nein, sagt der Psychologe Richard Wiseman und widerspricht somit dem immer gleichen Mantra vieler Selbsthilfebücher, Lebensgurus und Hobby-Psychologen. Nicht positiv denken, sondern handeln und positiv sein, Positives tun – das ist der Weg zum Glücklich-sein.
8. April 2017, 21:58
"Rip it up!". also: "Zerreiß es!" lautet der starke Originaltitel von Richard Wisemans aktiver Anleitung zum Glücklich-sein. Und Wiseman hält, was er ankündigt: Bereits in der Einleitung des Buches wird der Leser dazu aufgefordert, einen kleinen Akt der Veränderung durchzuführen:
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Die folgende Seite enthält ein Bild des "Regelbuchs". Bitte reißen Sie jetzt gleich die Seite raus, zerreißen Sie das Regelbuch in vier Teile und formen Sie jeden der Teile zu einer Papierkugel. Das war hoffentlich nicht zu schmerzhaft, und Sie haben gespürt, wie sich in Ihrem Geist eine kleine, aber wirkliche Veränderung vollzog.
Als ob man lachte
Nicht positiv denken, sondern positive Aktionen setzen - Richard Wisemans Konzept basiert auf der Idee des Psychologen William James, der Ende des 19. Jahrhunderts einen neuen Blickwinkel auf die menschliche Psyche warf. Für James stand fest: Unsere Handlungen haben Einfluss auf unser Denken und unsere Gefühle. Wenn wir also unsere Gedanken und Gefühle verändern, muss es auch möglich sein, unser Verhalten zu ändern.
100 Jahre und unzählige Experimente später, kennt man James' Idee unter dem Namen "Als-ob-Prinzip". Wiseman schildert viele der verhaltenspsychologischen Experimente zum "Als-ob-Prinzip", zum Beispiel eines über das Lachen: Führt das Verhalten, so zu tun, als ob man etwas lustig findet zum selben Effekt, wie wenn man tatsächlich lacht?
Beim Experiment eines amerikanischen Psychologen musste eine Versuchsgruppe eine Minute lang lächeln, eine Gruppe eine Minute laut lachen und eine dritte Gruppe wie Wölfe heulen.
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Je mehr sich die Studenten so verhielten, als ob sie sich positiv fühlten, umso glücklicher wurden sie. Diejenigen, die lächelten, wurden glücklicher, aber jene, die laut lachten, wurden freudig erregt. Wie ein Wolf zu heulen hatte eine sehr geringe Wirkung auf das Glücksgefühl und zeigte, dass die Wirkung des Lachens nicht auf körperliche Anstrengung zurückging.
Machen Sie den Kolibri!
Das Verhalten, so zu tun, als ob man etwas lustig findet, führt zu denselben psychologischen und körperlichen Vorteilen, die beim echten Lachen auftreten, resümiert Wiseman.
Die Botschaft aus der Lach-Forschung ist für den Psychologen eindeutig: Statt sich durch positive Gedanken aufzuheitern, ist es effektiver, wenn man sich einfach so verhält, als ob man sich wohlfühlen würde. "Lächeln Sie, gehen Sie federnd, halten Sie Ihren Kopf hoch, singen Sie, tanzen Sie oder tun sie all das, was Sie gerne tun", empfiehlt Wiseman und erklärt eine Übung aus einem Lach-Klub.
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Der Kolibri: Die Teilnehmer stellen sich paarweise gegenüber, alle schließen ihre Lippen und versuchen zu lachen, wobei sie ein summendes Geräusch machen. Während der gesamten Übung versucht man, mit seinem Partner Augenkontakt zu halten.
Wiedergeburt der Liebe
Und was darf bei der Anleitung zum Glücklich-sein nicht fehlen? Natürlich die Liebe. Wie kann man sich in einer langjährigen Beziehung wieder frisch oder richtig intensiv verliebt fühlen? Paare, die durchschnittlich 14 Jahre zusammen waren, versuchten das bei einem Experiment herauszufinden:
50 Paare haben Listen mit gemeinsamen Tätigkeiten erstellt, mit Tätigkeiten, die sie als angenehm oder als aufregend empfinden. Eine Gruppe der Paare unternahm dann zehn Wochen lang jeweils nur angenehme Tätigkeiten wie einen Film anschauen, Essen gehen oder Freunde besuchen. Die andere Gruppe der Paare traf sich zu aufregenden Aktivitäten wie Skifahren, Bergsteigen, Tanzen oder um in ein Konzert zu gehen. Diejenigen, die Zeit mit aufregenden Tätigkeiten verbracht hatten, waren signifikant glücklicher mit ihrer Beziehung als diejenigen, die dazu ermuntert wurden, angenehme Tätigkeiten auszuführen. Wiseman empfiehlt daher:
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Lassen Sie langjährige Paare sich so verhalten, als ob sie die Erregung ihres ersten Rendezvous noch einmal erlebten, und plötzlich finden sie einander wieder unwiderstehlich. Dieses einfache, aber wichtige Prinzip kann Menschen dabei helfen, Liebe zu finden und für alle Zeit glücklich zu sein. Es ist nicht die Liebe, die alles verändert, sondern die Änderung Ihres Verhaltens kann das wünschenswerteste Gefühl der Welt entstehen lassen.
Nervige Gewohnheiten loswerden
Viele Verhaltensmuster, die uns selbst an uns stören, sind eingefahrene Gewohnheiten. Ein weiteres Beispiel für die Wirksamkeit des "Als-ob"-Prinzips, findet Wiseman und formuliert einen Schlachtplan, um nervige Gewohnheiten loszuwerden.
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Versuchen Sie, alte Gewohnheiten aufzubrechen, indem Sie alle paar Tage eines der folgenden Dinge tun:
Stellen Sie ein Fernsehprogramm ein, das Sie noch nie zuvor gesehen haben, hören Sie sich eine neue Art von Musik an oder lesen Sie eine andre Zeitung oder Nachrichten-Webseite.
Gehen Sie auf einem anderen Weg zur Arbeit.
Probieren Sie eine ungewöhnliche Art von Essen.
Gehen Sie in einen Laden, in dem Sie noch nie zuvor waren.
Nehmen Sie sich Zeit, um einen Film anzuschauen, von dem Sie glauben, dass Sie ihn nicht genießen werden.
"Wenn du eine bestimmte Eigenschaft haben willst, handle so, als ob du sie schon hättest!" motiviert Richard Wiseman. Und auch Johann Wolfgang von Goethe hat in "Faust" schon geschrieben: "Im Anfang war die Tat." Sind Richard Wisemans Tipps banaler populärwissenschaftlicher Humbug oder enthalten sie vielleicht doch einige wertvolle praktische Anregungen für den Alltag? Nicht groß darüber nachdenken, sondern: lesen, zerreißen und ausprobieren!
Service
Richard Wiseman, "Machen, nicht denken! Die radikal einfache Idee, die Ihr Leben verändert", aus dem Englischen von Jürgen Schröder, S. Fischer Verlag
Rip it up!