Polternde TV-Duell-Auftritte: "Inszeniert, unecht"

1,4 Millionen sahen das zweite TV-Konfrontations-Doppel im ORF. Damit hatten nun alle Parteichefs bereits einen Auftritt: eine selbstbewusste Grünen-Chefin Glawischnig gegen FPÖ-Obmann Strache, einen untergriffigen Frank Stronach gegen BZÖ-Chef Bucher, einen fast nicht mehr zu bändigenden ÖVP-Obmann Spindelegger und einen ungewohnt lauten SPÖ-Chef Faymann. "Inszeniert, unecht", meinen Experten.

Werner Faymann in der Maske

(c) Neubauer, APA

Mittagsjournal, 4.9.2013

"Klarer Fall von übertrainiert"

"Fernsehduell ungültig, Spindelegger gedopt", twitterte gestern Abend ein Journalisten-Kollege nach der Konfrontation des ÖVP-Chefs mit Frank Stronach, der - und das ist gerade in dem Fall sehr erstaunlich - fast nicht zu Wort gekommen ist. Fazit von Sprechtrainerin Tatjana Lackner: "So kennt man Spindelegger ja gar nicht." Der ÖVP-Spitzenkandidat sei ein klarer Fall von übertrainiert, so Lackner: "Wenn ein Friseur mir eine Frisur aufbrummt, die definitiv nicht zu meinem Typ passt, dann hat er vielleicht handwerklich gut gearbeitet, aber er hat das Wesentlichste aus den Augen verloren, nämlich ob mit das passt."

Auch Kommunikationsberater Daniel Kapp, der aus der ÖVP kommt, lässt seine Zweifel am Auftritt Spindeleggers durchklingen: "Während Frank Stronach als polternder Wutgreis sehr authentisch ist, war Spindelegger bemüht, den Vorwurf der Farblosigkeit zu überspielen."

Faymann unter Zugzwang

Josef Kalina, Medienberater mit SPÖ-Vergangenheit, ist milder gestimmt: "Das einzige, was mir kritisierenswert erscheint, ist diese starke Überbetonung in der Aussprache. Aber inhaltlich hat sich schon gezeigt, dass die tragenden Kräfte ein Signal der Stärke abgegeben haben." Womit wir beim Duell Faymann gegen Bucher wären, das beim Hypo-Thema eskalierte. Heute spricht man darüber - und das sei für den Unterhaltungswert der Duelle wichtig, meint Expertin Tatjana Lackner: "Da haben wir Frank, der für Quoten sorgt, Glawischnig und Strache, die nicht fad waren, wir haben mittlerweile einen Spindelegger, der zum herumwandernden Wadlbeißer wird und das Wort nicht mehr abgibt, und wir haben Faymann als Titelverteidiger, dem tendenziell nachgesagt wird, dass er fad ist, und wegen dem niemand einschaltet. Der ist schon im Zugzwang, dass er auch etwas bringt."

"Inszeniert, unecht"

Also klares Kalkül, so Lackner: "Damit hat Kreisky schon Furore gemacht. Man hat es sich nur nicht erwartet bei Faymann, aber es war gut inszeniert." Daniel Kapp meint: "Wenn man kein Helmut Kohl oder Bruno Kreisky ist und nicht die Statur hat, einen solchen Auftritt glaubhaft zu machen, dann wirkt das unecht und leer." Die Sprechtrainerin räumt ein, dass zum Kalkül am Ende wohl auch überbordende Emotion dazugekommen sei.