Eine kurze Geschichte der Menschheit

Vor 100.000 Jahren war der Homo sapiens noch ein unbedeutendes Tier, das unauffällig in einem abgelegenen Winkel des afrikanischen Kontinents lebte. Was seither geschah, beschreibt der israelische Historiker Yuval Noah Harari auf kurzweilige Art und Weise.

Dass den Menschen nicht viel vom Schimpansen unterscheidet, das ist mittlerweile Allgemeinwissen. Wir sind als Einzelne diesen Affen so ähnlich, dass es fast schon peinlich ist, meint Yuval Noah Harari. Interessant wird es erst dann, wenn wir nicht den oder die Einzelne betrachten, sondern eine größere Gruppe. Wenn die magische Grenze von 150 Individuen überschritten wird, dann könnte der Unterschied zwischen Mensch und Schimpanse größer nicht sein. Man stelle sich das Chaos vor, das entstünde, wenn tausend Affen an einem Ort zusammenträfen, so der Historiker:

Erfundene Ordnungen

Im Grunde drehe sich die Geschichte der Menschen seit knapp 12.000 Jahren nur um eine einzige Frage, nämlich um die nach der Organisation des Zusammenlebens großer Gruppen. Als zwei der wichtigsten Faktoren, die dieses Zusammenleben ermöglichen, führt der Historiker die Schrift und die erfundenen Ordnungen an.

Diese erfundenen Ordnungen, die die Massenkooperationen erst ermöglichten, waren keineswegs für alle ein Segen. Ungerechtigkeit stand auf der Tagesordnung. Es gab Privilegierte und jene, die nichts hatten, die, die ihre Macht von irgendwelchen erfundenen Göttern ableiteten und die, die als Sklaven gehalten wurden.

Drei große Perioden

Harari will mit seinem Buch eine "kurze Geschichte der Menschheit" abliefern. Und man muss dem Autor zugestehen, dass ihm das bravourös gelungen ist. Auf 500 Seiten handelt er die wichtigsten Stationen der Menschheitsgeschichte ab und schneidet die großen Fragen der Wissenschaft – Was ist Sprache, was ist Geld, was ist Kultur, was ist Religion? – zumindest an. Yuval Noah Harari schreibt gut und mitreißend, sodass seine Geschichte der Menschheit niemals langweilig wird.

Der Historiker unterteilt die Geschichte der menschlichen Kulturen in drei große Perioden. Die kognitive Revolution vor etwa 70.000 Jahren brachte die Geschichte überhaupt erst in Gang. Die landwirtschaftliche Revolution vor rund 12.000 Jahren beschleunigte sie und die wissenschaftliche Revolution, die vor knapp 500 Jahren begann, könnte der Beginn von etwas ganz Neuem sein, meint der Wissenschafter.

Übergang zur Landwirtschaft

Harari wartet in seinem Buch auch immer wieder mit interessanten und provokanten Gedankengängen auf. So nennt er den Übergang zur Landwirtschaft den "größten Betrug der Geschichte".

Und so war der große Gewinner der landwirtschaftlichen Revolution nicht der Mensch - sondern der Weizen. Die Menschen arbeiteten sich im wahrsten Sinne des Wortes den Rücken krumm, nur damit dieses Getreide sich weiter und weiter ausbreiten konnte. Bis dahin führte der Mensch ein angenehmes Leben als Sammler und Jäger und dann musste er sesshaft werden und tat nichts anderes mehr, als sich von früh bis spät um sein Korn zu kümmern.

Revolution der Unwissenheit

In den letzten 500 Jahren hat sich das Leben auf der Erde dermaßen rasant und radikal verändert, wie niemals zuvor. Vor dem 16. Jahrhundert hatte noch nie ein Mensch den gesamten Erdball umrundet. 1522 war Magellan der erste, dem das gelang. Die Expedition dauerte drei Jahre und kostete fast allen Teilnehmern das Leben. Heute kann man die Welt bequem in 48 Stunden umrunden. Möglich machte das alles die wissenschaftliche Revolution.

Hararis kurze Geschichte der Menschheit endet – wie könnte es anders sein – im Hier und Jetzt. "Das Ende des Homo sapiens" heißt das letzte Kapitel, das sich mit Science-Fiction, Dr. Frankenstein und Cyborgs beschäftigt. Wir haben viel erreicht in unserer Geschichte, so der Historiker. Wir haben mehr Macht über unsere Umwelt als je zuvor, aber wir haben noch immer keine Ahnung, was wir mit dieser anfangen sollen. Und das stimme ihn nachdenklich, so der Autor: "Gibt es etwas Gefährlicheres als unzufriedene und verantwortungslose Götter, die nicht wissen, was sie wollen?"

Service

Yuval Noah Harari, "Eine kurze Geschichte der Menschheit", aus dem Englischen übersetzt von Jürgen Neubauer, DVA