"Sterbebegleitung gehört verbessert"

Zu Allerheiligen/Allerseelen wird der Toten gedacht. Sonst wird der Tod, das Sterben aber ausgeklammert. Doch ist er allgegenwärtig in Krankenhäusern, in Pflegeheimen. Experten beklagen die Versorgung von Menschen im Endstadium einer tödlichen Erkrankung - sie sei die Grundvoraussetzung, um bei Betroffenen keinen Sterbewunsch aufkommen zu lassen. Aber da sei noch viel zu tun in Österreich.

Mittagsjournal, 31.10.2013

Wünsche von Sterbenden erfüllen

Hannah, einer junge Frau aus dem Weinviertel, bleiben vermutlich nur noch Tage. Ihr sehnlichster Wunsch ist es zu Hause zu sterben, bei ihrem fünfjährigen Sohn. Zurzeit wird sie von einem der zehn niederösterreichischen mobilen Palliativ-Teams betreut. Es besteht aus einem Arzt, Pflegerinnen, Psychologinnen und/oder Seelsorgern. Für Hannah ist klar, dass sie am Ende ihres Weges ist, sagt ihr Arzt, Intensivmediziner Dietmar Weixler. Durch die Kenntnis ihrer Wünsche, so Weixler, werde man alles daran setzen, sie nicht in ein Krankenhaus zu bringen, sondern sie zu Hause medizinisch zu begleiten.

Tötung aus Zeitmangel

Die meisten Menschen, vor allem ältere, sterben aber nicht zu Hause, sondern im Pflegeheim, im Krankenhaus und auf Stationen, wo speziell geschultes Personal, vor allem aber Zeit, für die Sterbenden fehle. "Und eines der Kernelemente der Palliativmedizin ist es, Zeit zu haben." Außerdem, sagt Weixler, nehme der wirtschaftliche Druck auf die Spitäler zu, das "Primat der Ökonomie" fordere eine effiziente Bettenbelegung. Das könne zu medizinisch und ethisch falschen Entscheidungen führen, wie man aus Frankreich weiß. Eine von Präsident Francois Hollande beauftragte Studie hat gezeigt, dass die Hälfte der Ärzte bei 5.000 beobachteten Todesfällen Entscheidungen getroffen haben, die das Leben des Patienten wahrscheinlich verkürzt haben, "indem, sie Schmerz- und Beruhigungsmittel in unkontrollierter Weise steigern." Auch in Österreich, so Weixler, sei das mittlerweile Praxis: "Das nimmt zu, ist aber noch tabuisiert."

Ausbau nötig

Fazit der Experten: Jeder Mensch, egal wie krank, wie dement, habe ein Recht in Würde und in seinem eigenen Tempo zu sterben, sagt Palliativ-Care-Expertin Angelika Feichtner. Sie ist seit Jahren an der Seite von Sterbenden: "Wir brauchen am Anfang und am Ende des Lebens Menschen, die unsere Bedürfnisse wahrnehmen können und unsere Integrität schützen, uns davor schützen, aus ökonomischen oder anderen Gründen in Gefahr zu laufen, getötet zu werden."

In Österreich gibt es zurzeit 40 mobile Palliativ-Teams, und 30 solcher Stationen in Krankenhäusern. Aus der Sicht der Experten sind das zu wenige: Denn Sterbende haben keine Zeit, auf Hilfe zu warten.