Iranische Autorinnen in Wien

Zwei iranische Autorinnen, die wegen ihres Kampfes um Frauenrechte ins Exil gehen mussten, sind heute Abend im Rahmen der Internationalen Tage gegen Gewalt an Frauen in der Wiener Hauptbücherei zu Gast: Mansoureh Shojaee, die 2010 nach Deutschland floh, und Faranak Mostofi, die seit gut einem Jahr in Wien lebt.

Protestierende iranische Frau

(c) EPA/ABEDIN TAHRKENAREH

Kulturjournal, 29.11.2013

"Du bist eine Frau, Schwester und Tochter / Du bist Männern gleich, solidarisch und gleich." Für die Gleichheit, die hier besungen wird, kämpft Mansoureh Shojaee seit etwa 20 Jahren. Lange Zeit hat sie an der iranischen Nationalbibliothek gearbeitet und etwa am Aufbau zweier Frauenbibliotheken und einer Reihe mobiler Bibliotheken für Frauen und Kinder im ländlichen Raum mitgewirkt.

"Um mit den Menschen in den Dörfern zu arbeiten, musste ich viele bürokratische Hürden überwinden", sagt sie. "Mit dem Beginn der Regierung Ahmadinejad machten mir die Behörden das Leben noch schwerer, bis es mir nicht mehr möglich war, zu den Bibliotheken zu fahren, die ich selbst aufgebaut hatte."

Als enge Vertraute der Anwältin und Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi griff sie deren Idee eines iranischen Frauenmuseums auf - ein Projekt, das allerdings bereits in der Anfangsphase verboten wurde.

"Die Gesetze im Iran sind frauenfeindlich"

Mansoureh Shojaee gilt wie Ebadi als Galionsfigur der iranischen Frauenbewegung. In journalistischen Texten, die auf ihrer Website "Feminist School" und in feministischen Zeitschriften erscheinen, analysiert sie die Situation der Frauen im Iran, will diese allerdings nicht als Opfer darstellen, sondern als starke Kämpferinnen um ihre Rechte:

"Ja, die Gesetze im Iran sind frauenfeindlich. Aber Sie müssen den Frauen, die gegen diese Missstände auftreten, einmal ins Gesicht schauen. Das sind unabhängige, starke und gebildete Frauen, die für ein gerechteres Justizsystem kämpfen."

Die Liste diskriminierender Gesetze im iranischen Rechtssystem, das sich auf die Scharia, das islamische Recht beruft, ist lang: Frauen, denen in der Familie Gewalt angetan wird, haben im Normalfall keine Möglichkeit, sich scheiden zu lassen. Und wenn, bekommen die Männer das Sorgerecht für die Kinder. Wenn sie arbeiten oder ins Ausland gehen wollen, brauchen Frauen die Erlaubnis ihrer Männer. Zudem sind Mädchen schon ab neun Jahren strafmündig, Buben erst ab 15.

Dreimal verhaftet

Unter der Regierung Ahmed Ahmadinejads hat sich die Situation der Frauen zusätzlich verschärft. Aktivistinnen wurden systematisch verfolgt. Mansoureh Shojaee wurde dreimal verhaftet, erstmals 2006, nachdem sie die Kampagne "Eine Million Unterschriften für Gleichberechtigung" mitinitiiert hatte und damit über die Landesgrenzen hinaus bekannt wurde.

"Damals hat man mir zur Last gelegt, die Unterschriftenkampagne sei gegen die nationale Sicherheit gerichtet. Ein Jahr später wurde ich erneut verhaftet, nachdem ich einen Workshop zur Geschichte der Frauenbewegung abgehalten hatte. Da wurden mir bereits alle kulturellen Aktivitäten untersagt. Die dritte Verhaftung erfolgte 2009, in Folge der Proteste gegen die Wahlmanipulationen bei der Wiederwahl Ahmadinejads. Ich war einen Monat im Gefängnis und kam dann gegen eine Bürgschaft frei."

Sechs Monate nach der Freilassung konnte Mansoureh Shojaee das Land verlassen. Auf Einladung der Heinrich-Böll-Stiftung fand sie Aufnahme in Nürnberg, wurde Stipendiatin des Writers-in-Exile-Programms des P.E.N.-Clubs Deutschland und lebt heute in Köln. Sie sei ihren Gastgebern zu großem Dank verpflichtet, sagt Shojaee, doch sie habe große Hoffnung, bald wieder in den Iran zurückzukehren: "Als Aktivistin muss ich vor Ort sein, um meine Arbeit machen zu können. Die Frage ist: Was passiert mit den Frauenrechtlerinnen im Iran, die verurteilt sind, und mit jenen, die erst vor kurzem wieder vor das Gericht geladen wurden? Ein deutliches Signal wäre eine Generalamnestie für alle Aktivistinnen. Wenn die kommt, sind wir alle wieder dort."

Signale der Öffnung

Ganz ähnliche Hoffnungen hat auch die Autorin Faranak Mostofi, die - ebenfalls nach den Demonstrationen 2009 - aus dem Iran nach Österreich flüchtete und heute in Wien lebt. In Teheran war Mostofi zunächst als Schauspielerin und Drehbuchautorin tätig; doch da sie, wie sie sagt, der im Iran sehr präsenten Film- und Fernsehmafia keine Zugeständnisse machen wollte, verließ sie die Branche und fand zur Literatur. Der Protest der Bevölkerung nach den Präsidentschaftswahlen 2009 war auch für Mostofi in Schlüsselereignis:

"Künstler, Schriftsteller, Journalisten: Alle haben an den Demonstrationen teilgenommen. Sechs Monate hat es gedauert, bis die Behörden den Aufstand unter Kontrolle gebracht haben. Danach haben wir uns in unseren Häusern verschanzt und gewartet, in der Hoffnung, dass es jetzt besser wird."

Mostofi hielt literarische Gesprächskreise in ihrer Wohnung ab, bis sich herausstellte, dass sich unter den Besuchern auch verdeckte Beobachter befanden. Als die Autorin dann auch noch bemerkte, dass ihr Telefon abgehört wurde, entschloss sie sich zur Ausreise.

Im Exil beobachten Mostofi und Mansoureh Shojaee die Entwicklungen im Iran sehr genau. Ob der neue Präsident Hassan Rohani, der Signale der Öffnung setzt, echte Verbesserungen bringen wird, gelte es abzuwarten, sagt Mostofi: "Im Iran kann man frauenfeindliche Gesetze nicht einfach von heute auf morgen ändern. Alles fußt auf der Scharia, daran kann eine Regierung nichts ändern. Sie kann höchstens versuchen, Lücken zu finden: So hat etwa das Kulturministerium entschieden, dass Frauen nun als Solosängerinnen auftreten dürfen, weil man in der Überlieferung nichts gefunden hat, was ein Verbot rechtfertigen würde. Solche Einzelreformen ändern aber nichts am System."

Die beiden Autorinnen erwarten nun von der neuen Regierung, dass sie das Recht auf Versammlungsfreiheit gewährt, sowie Fraueneinrichtungen, feministische Medien und NGOs wieder zulässt. Damit auch Mansoureh Shojaee und Faranak Mostofi künftig als vollakzeptierte Aktivistinnen an der Reform ihres Landes mitarbeiten können.

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