Die ersten Instrumente

Nun wird es konkret. alien productions haben für die Papageien erste Instrumente entwickelt.

Zurückgekehrt von einer längeren Reise besuche ich alien productions in ihrem Atelier, um zu erfahren, was während meiner Abwesenheit passiert ist. Norbert Math präsentiert Andrea Sodomka, Martin Breindl und mir den Prototypen seines neuesten Instruments: Ein Holzbrett, auf dem ein Aduino, ein Mikroprozessor-Board, befestigt ist, das über einen einfachen Mechanismus mit einer Schnur und weiters mit einem Laptop verbunden ist. Zieht man an der Schnur, dann wird diese Bewegung unmittelbar in Klang übersetzt. „Ich möchte bei unserem heutigen Besuch im Papageienheim schauen, wie stark die Vögel sind“, erklärt Math. „Im Moment ist es so, dass man doch eine ziemliche Kraft braucht, um die Klänge auszulösen. Falls die eingebaute Feder zu stark ist, können wir stattdessen auch Gummibänder verwenden.“

  • Zupfinstrument

    Zu Besuch im Atelier von alien productions. Norbert Math demonstriert das neu entwickelte Zupfinstrument.

    (c) Susanna Niedermayr

  • Tablet

    Für das bereits zum Einsatz gelangte Tablet hat Norbert Math ein neues Programm geschrieben.

    (c) Susanna Niedermayr

  • Papagei mit Tablet

    Bei einem Besuch im Papageienheim im Juli zeigte Iris Baldinger den Vögeln der Wissenschaftsgruppe, wie das digitale Instrument gespielt werden kann.

    (c) alien productions

  • Papagei mit Tablet

    Mit Erfolg!

    (c) alien productions

  • Papagei mit Tablet

    (c) alien productions

  • Papagei mit Tablet

    (c) alien productions

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Instrument Nummer 2: Das Touchpad

Unlängst bereits den Vögeln präsentiert haben alien productions ein Touchpad, für das Norbert Math ein interaktives Programm entwickelt hat. Zuerst musste herausgefunden werden, ob das Touchpad auf die Berührung mit dem Schnabel überhaupt reagiert. Es funktionierte. Nun musste die Aufmerksamkeit der Papageien geweckt werden. alien productions besuchten mit ihrem digitalen Instrument die Gruppe der flugunfähigen Papageien, die aber nicht viel Interesse zeigte. Auf wesentlich mehr Anklang stießen sie bei der Wissenschaftsgruppe, wo das Touchpad nicht nur sogleich eifrig mit dem Schabel angetippt sondern auch abgeschleckt wurde, was ebenfalls funktionierte.

Mehr inhaltliche Bandbreite...

Auf dem Touchscreen des Touchpad zu sehen war das letzte Mal ein rotes Quadrat. Bei Berührung wurde ein Sinuston abgespielt, ein visuell und akustisch also sehr simples Setting, das den Papageien bald zu langweilig wurde. Aus diesem Grund möchten es Norbert Math, Andrea Sodomka und Martin Breindl heute mit mehr Farben und komplexeren Klängen versuchen. „Jetzt geht es darum, Bandbreite zu liefern“, so Norbert Math. „Ich bin daher nun zur nächsten Stufe mit sechs Feldern in verschiedenen Farben übergegangen. Hinter jedem Feld versteckt sich ein anderer Klang, und zwar jeweils ein Klang, den Martin Leitner im Frühjahr im Papageienheim für uns aufgenommen hat.“

...und Bewegung

Und noch in eine andere Richtung hat Norbert Math das Setting mit dem roten Quadrat weiterentwickelt. Wenn der Papagei dieses nun antippt, dann gleitet es ans andere Ende des Bildschirmes. Der Vogel ist aufgefordert, die Bewegung mitzuvollziehen; dem Quadrat zu folgen, um es an seiner neuen Position abermals anzutippen, woraufhin sich das Spiel wiederholt. „Das ist für den Vogel vielleicht lustig und ein Anreiz, sich länger mit dem Instrument zu beschäftigen“, überlegt Math. Dies soll heute überprüft werden.

Auf die Frage, was ihm von ihrem letzten Besuch im Papageienheim besonders einprägsam in Erinnerung geblieben ist, schildert Martin Breindl, wie einer der Papageien, Kasi, schließlich begonnen hat, mit dem Haarreifen von Iris Baldinger zu spielen. „Das hat uns auch auf die Idee gebracht, das vorhin präsentierte Zupfinstrument zu bauen“, so Breindl.

Auf ins Papageienheim

Mit Instrumenten, Computer und einem Lautsprecher machen wir uns also auf den Weg zum Wiener Tierschutzhaus. Dort befindet sich das Papageienheim der ARGE Papageienschutz. Am Parkplatz treffen wir Iris Baldinger, die auch heute wieder als studierte Zoologin mit ihrem fachkundigen Wissen bei der Kommunikation mit den Vögeln und der Interpretation selbiger helfen wird. Iris Baldinger, Norbert Math, Andrea Sodomka und Martin Breindl beschließen mit den neuen bzw. neu adaptierten Instrumenten wieder die Papageien der Wissenschaftsgruppe zu besuchen.

Die immer neugierige Kasi

Besonders interessiert ist auch diesmal wieder Kasi, die tatsächlich der Bewegung des roten Quadrats folgt, es immer wieder mit ihrem Schnabel aktiviert. Und auch das zweite Setting mit den sechs bunten Quadraten wird rege gespielt. Die Klänge gehen dabei aber in der lauten Klangkulisse völlig unter. Abstrakte Klänge würden sich hier wohl besser durchsetzen.

Uns Menschen gar nicht so unähnlich

Im Papageienheim ist heute auch Nadja Ziegler, die Obfrau der Arbeitsgemeinschaft Papgeienschutz, von der wir allerhand über das Verhalten der Papageien lernen, - das dem menschlichen mitunter gar nicht so unähnlich ist. Auch Papageien strengen sich nicht gerne an. Sie spielen am liebsten mit Dingen, die sie leicht heben und manipulieren können. Dabei möchten sie schnell Erfolg verspüren. „Vielleicht sollte man Ihnen auch einfach mal eine Ölfrucht irgendwo dranbinden, weil für Ölfrüchte tun sie alles“, so Zieglers Rat. Wie groß aber letztendlich Spieldrang, Experimentierfreude und Frustrationstoleranz sind, das sei von Vogel zu Vogel verschieden. Und so hat auch jeder Papagei sein Lieblingsspielzeug.

Wie in einem Orchester

Dann wird vermutlich jeder Papagei auch ein Lieblingsinstrument haben, schlussfolgert Norbert Math und schlägt eine inhaltliche Brücke zum Orchester. „So wie es die Bratsche, das Klavier oder die erste und zweite Geige gibt, gibt es dann das Schnürdel, das Tablet und die Klangschaukel.“ Mit Schnürdel meint Norbert Math, besagtes Zupfinstrument, das von den Papageien dann allerdings gar nicht gespielt wird. Die Vögel beobachten die Animationsversuche von Andrea Sodomka, Iris Baldinger und Norbert Math zwar gespannt, bleiben aber auf Distanz.

Zerstörungstrieb kreativ nutzen

Zum Abschluss fragen wir Nadja Ziegler dann noch, warum Papageien eigentlich Dinge so gerne zerlegen. Als baumbrütende Vögel müssen sich Papageien alle Jahre wieder eine Nisthöhle ausnagen, klärt uns die Obfrau der ARGE Papageienschutz auf. Der Drang alles auseinanderzunehmen, was ihnen zwischen den Schnabel kommt, sei bei diesen Vögeln also unmittelbar mit dem Fortpflanzungstrieb verknüpft. "Man könnte ein Instrument in einer Höhle verstecken", meint Norbert Math daraufhin spontan. "Ich hab auch schon einmal daran gedacht - ganz simpel - auf einem Karton einen Tonabnehmer zu befestigen. Die Geräusche, die beim Zerlegen des Kartons entstehen, könnten als Basis für weitere Klänge dienen. Das Mikrophon muss halt so eingebaut werden, dass es der Papagei nicht verschlucken kann."

Gestaltung