Vor Sotschi: Schmerzmittel auf Dopingliste?
Wenige Tage vor Beginn der Olympischen Spiele wird Doping wieder zum Thema. Einige prominente Sportler hatten eingestanden, dass sie ohne Schmerzmittel keinen Bewerb durchstehen würden. Jetzt wird der Ruf laut, Schmerzmittel auf die Dopingliste zu setzen, und zwar zum Schutz der Sportler.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 3.2..2014
"Gefährlicher Weg"
Es waren bemerkenswerte Bekenntnisse von Spitzen-Rennläufern, die Adi Niederkorn für die Ö1-Journale in Wengen gesammelt hat: "Ich fahr schon seit drei Jahren mit Schmerzmittel herum,. Anders könnte ich gar nicht mehr skifahren." - "Ich nehme zweitweise schon eine sehr starke Dosierung, die schon am Limit ist." - "Ich bin eine Zeit mit Voltaren gefahren." - "Das ist alles ganz normal, ich mach mir da keine Gedanken."
Felix Gottwald, Österreichs erfolgreichster Olympia-Sportler mit sieben Medaillen, macht sich Gedanken. Schmerz sei ein Warnsignal, Schmerzmittel seien der falsche Weg: "Die machen uns taub und stumpf. Dabei sollte der Spitzensport bei uns genau das Gegenteil bewirken. Wenn ein Sportler Schmerzmittel einnehmen muss, damit er seinen Beruf ausüben kann, schlägt er einen gefährlichen Weg ein."
"Gesundheitsgefahr unterschätzt"
Gottwald spielt auf den Abfahrer Hannes Reichelt an, der vom Siegespodest auf der Kitzbühler Streif direkt auf den OP-Tisch musste und jetzt natürlich nicht nach Sotschi fährt. Der Sportmediziner und Anti-Doping-Experte Hans Holdhaus schärft noch nach: "Eigentlich war das mehr als gefährlich, was er getan hat. Denn die Lähmungen, die dann am nächsten Tag aufgetaucht sind - rein theoretisch hätte das noch schlimmer ausgehen können. Die Schmerzmittel dürften gut gewirkt haben, aber die Gefahr für die Gesundheit ist elendig groß und wird bei weitem unterschätzt."
Mittlerweile sei die Einnahme von Schmerzmitteln auch im Breitensport viel zu üblich, warnt Holdhaus: "Viele nehmen das ja schon prophylaktisch, bevor die Schmerzen überhaupt auftauchen. Und das ist definitiv nicht im Sinne des Sports. Und das sollte durch auch im Zusammenhang mit Doping diskutiert werden."
"Schmerzmittel gehören auf die Dopingliste"
Felix Gottwald ist noch klarer: "Zum Schutz des Sportlers macht das durchaus Sinn, dass man sagt: Schmerzmittel gehören auf die Dopingliste. Weil man fit und gesund ist, dann tut einem nichts weh. Und dann macht es Sinn, Spitzensport zu betreiben. Wenn man Schmerzen hat, sollte man nach der Ursache suchen."
Noch hindert niemand - offenbar auch nicht die Betreuer - die Sportler daran, Schmerzmittel zu nehmen. Und die Anti-Doping-Agentur NADA hat keine Handhabe. Das Problem sieht aber auch Geschäftsführer Michael Cepic: "Wenn ich einem Bewerb die Schmerzen mit Medikamenten unterdrücke und dadurch eine bessere Leistung erreichen kann, dann wird dem Fairness-Gedanken im Sport nicht mehr Rechnung getragen. Aber wenn keine verbotenen Substanzen eingenommen werden, dann ist es momentan zulässig."
Der Skiverband fühlt sich in der Sache nicht zuständig und verweist auf die Eigenverantwortung: Jeder Rennläufer müsse selber entscheiden, wie er mit Schmerzmitteln umgehe, sagt ÖSV-Sprecher Josef Schmid.