Ungarn: Regierung kriminalisiert ausländische Bauern

In Ungarn verschärft die nationalkonservative Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orbán ihren Kampf gegen ausländische Bauern, vor allem aus Österreich, die in Ungarn ihre Ackerflächen bewirtschaften. Die Orbán-Regierung hat jetzt mit Hilfe ihrer Zwei-Drittelmehrheit im Parlament eine Änderung des Strafgesetztes beschließen lassen, wonach ausländische Bauern strafrechtlich verfolgt werden können, wenn sie Nutzungsverträge mit ungarischen Bodeneigentümern geschlossen haben.

Morgenjournal, 6.2.2014

Orban wird härter

Die ungarische Regierung hat damit begonnen, in Ungarn tätige ausländische Landwirte und ihre ungarischen Vertragspartner zu kriminalisieren.

Herrscht in Ungarn eigentlich noch Rechtssicherheit, oder kann die nationalkonservative Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orbán mit ihrer Zwei-Drittelmehrheit im Parlament wirklich schon machen, was sie will, ohne Rücksichtnahme auf legal abgeschlossene, bestehende Verträge? Diese Frage drängt sich auf, wenn man sich anschaut, was derzeit in Ungarn mit ausländischen Bauern, hauptsächlich aus Österreich passiert, die so genannte "Nießbrauchsverträge" abgeschlossen haben.

Gefängnisstrafen drohen

Ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, sie haben von einer Privatperson einen Garten auf Lebenszeit gemietet. Die vereinbarte Miete haben Sie im Voraus auf einmal bezahlt. Ihr Mietrecht ist im Grundbuch vermerkt und endet nach ihrem Tod. Nach einigen Jahren kommt plötzlich eine Regierung daher, die ihren Mietvertrag nicht nur vorzeitig beendet, sondern ihn auch noch für illegal erklärt sowie Sie und ihren Vermieter strafrechtlich verfolgt. Ihr Geld ist weg, Ihr Garten ist weg und es droht ihnen auch noch eine Gefängnisstrafe von bis zu 5 Jahren – und so geht’s derzeit österreichischen Bauern in Ungarn.

Diese "Mietverträge" von Ackerland werden in der Landwirtschaft als Nießbrauchsverträge bezeichnet.

Der Nießbrauchvertrag

Die Laufzeit eines Nießbrauchsrechts beträgt üblicherweise mehr als 20 Jahre, oft sogar lebenslang. Der Nießbrauchsnehmer, also in unserem Fall der Bauer aus Österreich, muss die "Miete" im Voraus auf einmal bezahlen und darf dann die Ackerfläche uneingeschränkt nutzen. Er darf sie aber nicht weitergeben und auch nicht belehnen. Nießbrauchsrechte sind im Grundbuch vermerkt und allein diese Tatsache zeigt ja schon, dass diese Art der Verträge legal ist.

Doch das interessiert die ungarische Regierung nicht. Sie sagt, dass Nießbrauchsverträge in einer Zeit abgeschlossen wurden, als es Ausländern verboten war, Ackerflächen in Ungarn zu erwerben. Das Nießbrauchrecht auf eine Ackerfläche wird von der Orbán-Regierung als Quasi-Eigentum betrachtet und daher für illegal erklärt.

Wie viele Bauern aus Österreich oder anderen EU-Ländern betroffen sind, ist immer noch unklar. Bisher sollen sich mehr als zwei Dutzend gemeldet haben und täglich werden es mehr. Österreich hat die EU um Rechtshilfe gebeten, was wiederum von der ungarischen Regierung als Provokation betrachtet wird. Zwischen Österreich und Ungarn bahnt sich ein ernsthafter Konflikt an.