Zu lange Arbeitszeit: Ärzte machen Druck

Die EU-Kommission droht Österreich wegen zu langer Arbeitszeiten für Ärzte in Spitälern mit einer Klage. Das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz erlaubt nämlich bis zu 72 Wochenstunden für Ärzte, was aber der EU-Arbeitszeitrichtlinie widerspricht. Österreich muss deshalb innerhalb weniger Monate das Gesetz reparieren. Ärztevertreter und Betroffene machen Druck, denn nicht nur den Ärzten drohen Gefahren, sondern vor allem auch den Patienten.

Mittagsjournal, 20.3.2014

Rechtslage "unbegreiflich"

Dienste von bis zu 49 Stunden am Stück, kaum Pausen, dazu viel Verwaltungs- und auch Pflegearbeit: Die Belastung für die Ärzte und Ärztinnen an den österreichischen Spitälern sei schon viel zu hoch, sagt eine Assistenzärztin für innere Medizin an einem Krankenhaus im Mühlviertel. "Jede andere Berufsgruppe hat begrenzte Arbeitszeiten, aber gerade bei Ärzten, wo es um Menschenleben und Gesundheit geht, ist mir unbegreiflich, warum diese Gesetze nicht gelten."

Je länger der Dienst, desto höher sei das Risiko für die Ärzte selbst, vor allem aber für die Patienten, warnt die Medizinerin, die im Radio nicht namentlich genannt werden will: "Natürlich steigt die Fehlerquote, weil die Konzentration leidet."

"Den Patienten nicht zumutbar"

Ähnlich der Sprecher der Turnusärzte, Karlheinz Kornhäusl: "Für die Ärzte bedeutet es, über die eigenen Belastungsgrenzen hinaus zu gehen. Der Patient findet einen übermüdeten Arzt vor, der schon bis zu 49 Stunden im Dienst war. Das ist eine Situation, die man auch dem Patienten nicht zumuten kann."

Österreich müsse sich deshalb schnell an die EU-Arbeitszeitrichtlinie anpassen, so der Turnusärzte-Sprecher. Die Richtlinie erlaubt nur noch Dienste von maximal 25 Stunden und durchschnittlich maximal 48 Stunden in der Woche.

An den österreichischen Spitälern sind es laut Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz aber noch bis zu 72 Stunden in der Woche und verlängerte Dienste von bis zu 49 Stunden.

Reparatur mit Folgen

Die EU-Kommission verlangt deshalb eine schnelle Reparatur des Gesetzes, sonst drohen Österreich eine EU-Klage und eine hohe Geldstrafe. So steht es in einem Mahnschreiben an die Regierung, konkret an das zuständige Sozialministerium von Rudolf Hundstorfer (SPÖ). Es sei jetzt dringend, diese Forderung umzusetzen, sagt Harald Mayer, Vizepräsident der Ärztekammer und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte. Mit einer Anpassung an die EU-Richtlinie sei es aber nicht getan, glaubt Mayer. Denn wenn die Ärzte und Ärztinnen dann nicht mehr so lang arbeiten, werde automatisch Personalnot an den Spitälern entstehen. Auch darauf müsse die Regierung Antworten geben. Er hoffe, dass jetzt "ein Ruck durch die Regierung" gehe, so Mayer.

Sozialminister Hundstorfer wollte Ö1 heute kein Interview geben. Aus seinem Büro heißt es aber, man werde rasch alle notwendigen Schritte unternehmen, um das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz zu reparieren. Bis Ostern muss Österreich der EU-Kommission dafür Vorschläge machen. Für den April sind mehrere Verhandlungen des Ministers mit den Spitalserhaltern, vor allem den Ländern, geplant.