Ukraine: Soldaten laufen zu Separatisten über

In der Ostukraine wird die Lage immer unübersichtlicher. Auf Videos sind Panzer mit russischen Fahnen zu sehen, die durch die Straßen ostukrainischer Städte fahren. Angeblich sind Teile der Regierungstruppen, die Gebäudebesetzungen beenden sollten, zu den Separatisten übergelaufen. Russlands Präsident Putin sprach einmal mehr von einer verantwortungslosen Politik Kiews.

Mittagsjournal, 16.4.2014

Aus Donezk berichtet

Soldaten in der Ukraine

(c) Pilipey, EPA

Statt "Terrorbekämpfung"

Ein Internet-Video zeigt, wie die Truppen mit russischen Flaggen durch die Großstadt Kramatorsk rund 80 Kilometer nördlich von Donezk fuhren. Auf den Panzerfahrzeugen standen bewaffnete Männer in Uniformen ohne Abzeichen. Der Konvoi, zu dem auch ein Lastwagen gehörte, fuhr in Richtung der Stadt Slawjansk, die einige Kilometer weiter nördlich liegt. Das russische Staatsfernsehen berichtete von ähnlichen Szenen. Den Berichten zufolge waren die Einheiten eigentlich zu einem "Anti-Terror-Einsatz" gegen die nach Moskau orientierten Aktivisten in der Gegend befohlen, liefen dann aber über.

Die Zuordnung der bewaffneten Einheit war zunächst unklar. Einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine zufolge soll es sich um ukrainische Fahrzeuge handeln, die von der Regierung in Kiew in den Kampf gegen prorussische Aufständische geschickt worden waren. Diese seien dann am Weiterfahren gehindert und von prorussischen Kräften besetzt worden. Das Verteidigungsministerium in Kiew erklärte allerdings auf Anfrage, ukrainische Panzerfahrzeuge seien nicht erobert worden. Das Innenministerium hatte zunächst keine Erklärung für die Vorgänge.

Unterdessen übernahmen bewaffnete Separatisten das Rathaus von Donezk im Osten der Ukraine. Dies teilt eine Ratssprecherin am Mittwoch mit. Demnach drangen mindestens 20 pro-russische Aktivisten in das Gebäude ein. Die Rathausmitarbeiter würden nicht behindert. Die Aktivisten forderten die Abhaltung eines Referendums über die Föderalisierung der Ukraine, so die Sprecherin.

Gegenseitige Vorwürfe

Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk beschuldigte Russland, den "Terrorismus in die Ukraine zu exportieren". Die russische Führung benutze verdeckt operierende Truppen, um bewaffnete Separatisten zu organisieren, die die ukrainischen Soldaten angriffen und Verwaltungsgebäude besetzten. erklärte Jazenjuk.

Für den russischen Präsidenten Wladimir Putin ist die drastische Zuspitzung der Krise in der Ukraine hingegen eine "Folge der verantwortungslosen Politik Kiews", das sich über die "legitimen Rechte und Interessen der russischsprachigen Einwohner" hinwegsetze. Das sagte der russische Präsident Wladimir Putin in einem Telefongespräch mit dem israelischen Premier Benjamin Netanyahu, berichtete die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti Der Einsatz der Streitkräfte durch Kiew zur Unterdrückung der Proteste im Südosten des Landes sei unzulässig, betonte Putin.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow erklärte unterdessen, Moskau hoffe, dass Kiew die Armee nicht gegen seine Bevölkerung einsetzen werde. "Wir werden auf eine Beruhigung der Situation und darauf hinarbeiten, dass die Kiewer Behörden die Meinung und die Forderungen der Einwohner des Südostens respektieren", erklärte Lawrow. Es müsse unverzüglich ein Verhandlungsprozess in die Wege eingeleitet werden, um die Situation zu entspannen. (Text: APA, Red.)