Bangladesch: Kein Fortschritt in Textilfabriken

Ein Jahr nach dem Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch mit mehr als tausend Toten hat sind an den Arbeitsbedingungen der Näherinnen wenig geändert: Arbeiten für einen Hungerlohn in Gebäuden mit schweren Sicherheitsmängeln. Versprochene Entschädigungszahlungen lassen auf sich warten.

Mittagsjournal, 23.4.2014

Erst die Hälfte hat gezahlt

Die Katastrophe kam nicht überraschend: Die Textilarbeiterinnen hatten schon Tage zuvor Risse in den Wänden der Rana Plaza Fabrik bemerkt, doch ihre Vorgesetzten hatten sie angewiesen weiterzuarbeiten. Am 24.April 2013 stürzte das achtstöckige Gebäude am Rande der Hauptstadt Dhaka in sich zusammen, mehr als tausend Menschen starben unter den Trümmern, doppelt so viele wurden verletzt. Zahlreiche westliche Firmen von Kik über Primark und H&M bis zu Benetton hatten hier zu Billiglöhnen Kleider nähen lassen. Doch in den Entschädigungsfonds für die Opfer der Katastrophe, für den 40 Millionen Dollar gesammelt werden sollen, hat erst die Hälfte von ihnen eingezahlt.

0,2 Prozent des Gewinns

Das sei beschämend, sagt Michaela Königshofer, Leiterin der Clean Clothes Kampagne in Österreich, die sich für eine gerechte Entschädigung der Opfer einsetzt: "40 Millionen Dollar klingen vielleicht auf den ersten Moment nach viel, aber 29 Unternehmen, die bei einer anderen Plaza Aufträge vergeben haben, haben zusammen im letzten Jahr 22 Milliarden Dollar Gewinn gemacht. Das heißt, wir fordern 0,2 Prozent vom letzten Jahresgewinn für die Menschen, die ihre Produkte gemacht haben."

Langsam sollten sich auch die Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken bessern, fordert Königshofer: "Nach Rana Plaza hat die Weltöffentlichkeit nach Bangladesh geblickt, und plötzlich mussten die Unternehmen was tun. Was sich darin geäußert hat, dass über 150 Unternehmen ein Sicherheitsabkommen unterschrieben haben, das jetzt gerade in Umsetzung ist. Mit dem großen Ziel, die Arbeitsplätze in Bangladesh sicherer zu machen."

Boykott wäre falscher Weg

Weltweit ist Bangladesch der drittgrößte Exporteur von Textilien. Die Textilindustrie gehört mit vier Millionen Beschäftigten zu den wichtigsten Arbeitgebern im Land, 80 Prozent der Textilarbeiter sind Frauen. Ein Boykott von Kleidung aus Bangladesch wäre daher der falsche Weg, meint Königshofer. Den Konsumenten rät Königshofer nachzufragen, wo und vor allem wie die Kleidung erzeugt wurde. Laut einer indischen Studie würden schon 27 Cent mehr pro T-Shirt für einen gerechten Lohn reichen. Gerechte Löhne seien also leistbar, sagt die Leiterin der Clean Clothes Kampagne in Österreich.

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