Steuerreform: "Länger warten hat keinen Sinn"

In Österreich werden die Rufe nach einer Steuerreform immer lauter. Die Regierung könne es sich nicht leisten, noch weiter zu warten, hat erst am Montag der Linzer Wirtschaftsexperte Friedrich Schneider im Ö1 Interview gemeint. Und auch der Wirtschaftspsychologe Erich Kirchler von der Universität Wien sagt, eine Steuerreform sei dringend notwendig.

Aktenberge

(c) Pilick, EPA

Mittagsjournal, 7.5.2014

Mit dem Wirtschaftsexperten zu Fragen der Steuermoral und Steuerhinterziehung, Erich Kirchler, hat Paul Schiefer gesprochen.

"Gelder sinnvoll verwenden"

Eine Steuerreform wäre in Österreich schon dringend nötig, meint Wirtschaftspsychologe Kirchler: "Zuwarten hat einfach keinen Sinn." Dabei wäre die Entlastung nicht einmal das Wesentlichste, so Kichler. Denn die müsste mindestens zehn bis 15 Prozent betragen, damit sie auch wahrgenommen würde. Viel mehr sollte überlegt werden, wie vereinfacht wird und wie die Einsicht in der Bevölkerung gestärkt werden kann, dass Steuern sinnvoll sind. "Es kann durchaus eine hohe Belastung geben, wenn die Menschen der Meinung sind, dass die Gelder sinnvoll verwendet werden und sie dadurch auch in den Genuss von öffentlichen Gütern kommen."

Dass Österreich vor einer "Steuerrebellion" stehe, wie vom Linzer Wirtschaftsprofessor Schneider vorhergesagt, sei eine plakative Darstellung, so Kichler. Es müsse nicht eine Rebellion im Sinne des Wortes geben. Kirchler befürchtet nicht, dass die Steuermoral wesentlich sinkt oder die Schattenwirtschaft zunimmt, aber es könnte Reaktionen der Bevölkerung in anderer Hinsicht geben, wie politische Verdrossenheit. Es müsste kreativere Lösungen seitens der Politik geben als einfach nur mehr Steuern einzuheben.

Vorsicht vor weiterer Steigerung

Kirchler nimmt die Schätzungen über Schattenwirtschaft zum Anhaltspunkt für die Steuermoral in einem Land - und die Schätzungen der Schattenwirtschaft sähen Österreich im obersten Zehntel. Laut Umfragen würden die Österreich aber Steuern gutheißen und seien bereit, sie auch zu zahlen. Im Widerspruch dazu würden Steuern als Verlust oder entgangener Gewinn gesehen, und das werde doppelt so hoch empfunden wie lukrierte Gewinne. Jede Steigerung werde daher besonders intensiv wahrgenommen, so Kirchler: "Und es ist tatsächlich ratsam sich zu überlegen, wie lange die Bevölkerung mitgeht." Immerhin: Wenn die Steuerrate über ein akzeptables Maß hinaus erhöht werde, müsse die Steuermoral nicht unbedingt sinken. So sei es in Schweden der Fall gewesen, dass die Menschen einfach weniger arbeiten: "Mit einer Belastung von 70 Prozent war Freizeit wertvoller als der Ertrag durch Arbeit. Und man hat in Studien festgestellt, dass die Arbeitsleistung zurückgegangen ist, um Steuern zu vermeiden."

Service

Universität Wien - Erich Kirchler