EU-Wahlprogramme sprachlich unverständlich

Die EU-Wahlprogramme der Parteien sind nur schwer verständlich. Das sei kein Wunder - wollen die Parteien mit ihren Parteiprogrammen gar nicht vorrangig ihre Wähler informieren, sagen zwei vom Mittagsjournal befragte Experten. Die teilweise komplizierte Sprache ziele auf sogenannte Meinungsführer, andere Parteien und die eigene Basis ab.

Zwei Menschen stehen vor einer EU-Fahne

(c) FILIP SINGER, EPA

Mittagsjournal, 17.5.2014

Juliane Nagiller und Wolfgang Werth

Wollen Parteien nicht verstanden werden?

Vor der EU-Wahl noch schnell die Wahlprogramme der Parteien durchzuackern sei nicht zu empfehlen, sagt PR-Experte Thomas Holzinger. Denn die Programme der Parteien seien in einer zu komplizierten Sprache geschrieben: "Ein Österreicher mit durchschnittlicher Schulbildung tut sich schwer damit."

Kurzfassungen der Wahlprogramme findet man nicht nur im Internet - sie werden auch als Wahlwerbematerial verteilt. Eine gekürzte Fassung sei aber nicht gleichzusetzen mit bürgernaher Information, sagt Holzinger. Denn bei Kurzversionen geht seiner Meinung nach zumeist die Hintergrundinformation verloren. Die Wahlprogramme tragen derzeit zur Politikverdrossenheit bei, ist der PR-Experte überzeugt. Denn die Personen, die sich über Wahlprogramme informieren, hätten angesichts vieler komplizierter Formulierungen das Gefühl, dass die Parteien gar nicht verstanden werden wollen. Dabei wäre es durchaus möglich, die Programme von Anfang an verständlich zu schrieben, so Holzinger.

Für interne Zwecke gedacht

Wahlprogramme werden zwar für Wahlen erstellt. An die Wähler richten sie sich aber nicht, und das sei auch gar nicht das Ziel, meint der Politikwissenschaftler Oliver Gruber von der Universität Wien. Oliver Grubers Erkenntnis: Kampagnenplaner zielen mit dem Wahlprogramm eher auf Journalisten, Wissenschaftler und politische Akteure ab. Für diese seien die Programme eine wichtige Quelle, um Themen und Positionen der Parteien zu beurteilen und einzuordnen.

Noch wichtiger, so der Politikwissenschaftler Gruber, sind Wahlprogramme für die Parteien selbst. Denn es gelte, vor der Wahl alle Parteimitglieder und Funktionäre inhaltlich auf eine gemeinsame Linie zu bringen. Das Ziel sei es, ein kohärentes Programm für alle Mitglieder zur Verfügung zu stellen und auf fallen Ebenen so etwas wie eine Struktur in den Wahlkampf und die Partei auf Linie zu bringen, sagt Gruber. Und Politikwissenschaftler Gruber fügt hinzu: Nach nationalen Wahlen seien die Versprechen in den Wahlprogrammen Basis für Koalitionsverhandlungen.

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