Revitalisierung in der Krieau

Neue Architektur stößt nicht immer auf Begeisterung - vor allem wenn es um die Umgestaltung historischer Bauten geht. Ein Stadtentwicklungsprojekt in Wien, das sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum neu errichteten Campus der Wirtschaftsuniversität befindet, sorgt allmählich für Widerstand von Anrainer/innen und ums Stadtbild besorgten Bürgern: die geplante Revitalisierung der Gründe rund um die Trabrennbahn Krieau beim Prater.

  • Banner zum Bedingungslosem Wohnen in der Krieau

    (c) Anna Soucek

  • Pferd in der Krieau, dahinter die OMV

    (c) Anna Soucek

  • Die Krieau vor neuen Gebäuden

    (c) Anna Soucek

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Letzte Woche hat eine Jurysitzung zu einem Architekturwettbewerb für den ersten Teilabschnitt der Bebauung stattgefunden - die Ergebnisse werden im Juni der Öffentlichkeit präsentiert.

Kulturjournal, 19.05.2014

An Renntagen ist im Trabrennverein Krieau etwas von jener spannungsgeladenen Stimmung zu verspüren, die einst zahlreiche Besucher/innen hierher lockte - die große Zeit des Pferdewettsports ist jedoch vorbei. Das sieht man allein daran, dass zwei der insgesamt drei Tribünen ungenützt sind. Sie sind verbarrikadiert und scheinen dem Verfall preisgegeben zu sein, die dreigeschoßigen Stahlbeton-Bauwerke, die 1912 errichtet wurden und unter Denkmalschutz stehen. Hier, am Rand des Praters, fand 1873 die Weltausstellung statt, von der nur mehr zwei Gebäude übrig sind. Sie werden heute als Künstlerateliers genützt.

Rainer März engagiert sich in der Bürgerinitiative "Rettet die Krieau" für den Erhalt des Krieau-Geländes, das für ihn eine notwendige Pufferzone zwischen dem grünen Prater, dem WU-Campus und dem angrenzenden Stuwerviertel darstellt. Mit der Verkürzung der Trabrennbahn um 100 Meter - die jetzige Länge entspricht den internationalen Normen - wurde ein Grundstück frei, der unter dem Namen Baufeld 1 als erstes bebaut werden soll. Das Baufeld 2 umfasst die Stallungen des Trabrennvereins, die ebenfalls teilweise unter Denkmalschutz stehen. Rainer März befürchtet eine Kettenreaktion, wenn erst einmal die Baumaschinen auffahren:

"Dann werden das Baufeld 1 und 2 bebaut", so März' Befürchtung. "Danach wird es Sportplätze geben, Kleingartensiedlung (...) und eines Tages wird von dem Prater nichts mehr übrig bleiben." So das Horrorszenario der Krieau-Schützer, die bereits mit Politikern Gespräche geführt haben, jedoch laut Rainer März auf pures Desinteresse für ihre Anliegen gestoßen sind. "Es wird ja nicht bei den Gebäuden bleiben", so März, "das Naturschutzgebiet wird unter jeglicher Bebauung leiden, wie der Prater unter der Südosttangente leidet".

Viertel Zwei

Gleich neben den Stallungen und dem Verwaltungsgebäude des Trabrennvereins, der hier einen zeitlich unbegrenzten Pachtvertrag hat, befindet sich das sogenannte Viertel Zwei, ein Büroviertel, das 2010 entlang der neuen U2-Trasse fertiggestellt worden ist. In der Mitte des Viertel Zwei ist ein künstlicher See, zwischen den Bürohochhäusern sind hügelige Grünflächen mit jungen Bäumen. Die gebaute Landschaft wirkt künstlich und nicht besonders einladend, auch wenn es Sitzmöglichkeiten gibt. Ein saniertes altes Backsteinhaus am See ist das Hauptquartier der IC Projektentwicklung, die das Viertel Zwei errichtet und von der Stadt Wien auch die Krieau-Grundstücke erworben hat.

Wir wollen kein Office-Campus sein, sondern ein eigenständiges Grätzel, das alles bietet, was die, die hier leben, benötigen, sagt Walter Hammertinger, Geschäftsführer der IC Projektentwicklung. In einem kooperativen Verfahren wurde ein städtebauliches Leitbild für das neue Gebiet entwickelt, das nun die Grundlage für Architekturwettbewerbe ist.

Walter Hammertinger widerspricht den Befürchtungen, dass die Bebauung auf Kosten der Grünflächen und des öffentlich nutzbaren Raumes gehen wird. Die Hälfte der neu erschlossenen Baufläche soll für Wohnungen unterschiedlicher Größen genutzt werden, so Hammertinger. Über den Verbleib der Ställe wird derzeit mit dem Bundesdenkmalamt verhandelt - der Trabrennverein möchte in der Nähe der genutzten Tribüne neue Stallungen bauen. Für die beiden baufälligen Tribünen hingegen gilt es, neue Nutzungen zu finden und sie dementsprechend zu sanieren. "Wir haben jetzt über eine Internetplattform einen Ideenwettbewerb laufen, um viele einzuladen, mit uns Nutzungsideen zu entwickeln und tolle Projekte zu machen", so Hammertinger.

Das könnten etwa Ateliers sein oder Arbeitsplätze für die Kreativwirtschaft - eine Nutzung, der auch Rainer März von der Bürgerinitiative "Rettet die Krieau" etwas abgewinnen kann. Dennoch: Er fürchtet um die langfristige Zukunft des Trabrennplatzes, ist doch der Trabrennverein finanziell nicht allzu gut aufgestellt. "Uns ist bekannt, dass für den Rest der Trabrennbahn auch schon ein Vorkaufsrecht existiert", so März.

Wagenplatz auf Zeit

"Ich frage mich, was für Konsequenz das haben wird", sagt eine Bewohnerin des Wagenplatzes "Treibstoff", der auf der Brachfläche hinter den versperrten Tribünen sein Quartier aufgeschlagen hat. Es sei eine "problematische Entwicklung". Ein Wagenplatz ist eine lose organisierte Wohngemeinschaft von Menschen, die in LKWs, umgebauten Zirkuswägen und ähnlichen Vehikeln wohnen. Die Lage in der Krieau ist für die Wagenplatz-Bewohner ideal: in Zentrumsnähe und im Grünen zugleich.

Die Grundstücksinhaberin, die IC Projektentwicklung, duldet den Wagenplatz - allerdings nur auf Zeit. Wie lange die Bewohner/innen hier bleiben können, hängt von geplanten Veranstaltungen auf den brachliegenden Flächen ab. "Wir glauben nicht, dass wir hier einen dauerhaften Standplatz haben", sind die Bewohner/innen des Wagenplatzes überzeugt. "Wie werden aber wieder kommen, wenn wir merken, da passiert nichts."

Dass "nix passiert", damit ist nicht zu rechnen. Nach Plänen der Immobilien-Investoren soll die Bebauung des Baufelds 1, auf dem sich der Wagenplatz befindet, 2017 abgeschlossen sein. Seitens der IC Projektentwicklung wird ein zügiger Baufortschritt angestrebt, nicht zuletzt auch, um die Lärm- und Staubbelästigung für Anrainer/innen gering zu halten.

Eine Kritik der Krieau-Schützer betrifft übrigens auch die Abwicklung des Verkaufs der Grundstücke durch die Stadt Wien: Das hochlukrative Areal soll weit unter seinem Preis veräußert worden sein, wie auch die Stadtzeitung "Falter" berichtete.