George Jackson, Dirigent

Der Londoner Dirigent George Jackson erregte internationale Aufmerksamkeit, als er im Juni 2013 als Einspringer mit dem ORF Radio Symphonieorchester sein Debut am Wiener Musikverein gab. Jackson studiert an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien.

Gerorge Jackson

Geboren: 1987 in London

Aktuelles Studium: Orchesterdirigieren bei Professor Mark Stringer, Universität für Musik und darstellende Kunst Wien

Mein größter Erfolg:
Benjamin Brittens "Young Person's Guide to the Orchestra" mit dem London Symphony Orchestra zu dirigieren, dem selben Orchester, für welches es 1946 geschrieben wurde.

(c) Brian Hatton

Was ist Kunst?

Besser als Pablo Picasso selbst kann man es nicht formulieren: "Kunst ist eine Lüge, die uns die Wahrheit begreifen lehrt". Ich begreife mein Interesse an Musik und vor allem der Oper als ein Werkzeug, das uns Menschen erlaubt, in eine Fantastiewelt zu flüchten, um dabei zu erkennen, wer wir wirklich sind.

Wie sind Sie zur Kunst gekommen?

Die Kunst war seit meiner frühesten Kindheit gegenwärtig, da beide meiner Eltern Schauspieler sind und immer viele Kollegen zu Besuch waren. Meine Schwester ist auch Schauspielerin geworden, ich habe es eine Zeit lang auch in Erwägung gezogen, aber der Zug zur Musik war stärker und so lernte ich Geige und Klavier. Ich war und bin immer noch fasziniert, welches Potential Menschen in allen Sparten der Kunst entfalten können. Ich glaube Musik soll eine Zelebration von Menschlichkeit sein - nicht nur durch den komponierten Stoff, sondern auch dadurch, wie es von Menschen aufgeführt wird.

Kommt Kunst von können, müssen oder wollen?

Ich vertrete eine ähnliche Meinung wie Arnold Schönberg mit seiner Aussage "Kunst kommt nicht von können, sondern von Müssen!". Für mich beschreibt den Begriff "Kunst" eine Beiprodukt, welches entsteht, wenn Menschen ein absolutes Bedürfnis haben, Künstlerisches zu schaffen, den Willen haben, dabei Schwierigkeiten zu überwinden und das nahezu zufällige Ergebnis das Können ist.

Wo würden Sie am liebste auftreten?

Ein Traum wäre eine der Sinfonien Gustav Mahlers in Wien zu dirigieren! Wenn Musik eine besondere Verbindung mit einem Ort hat, ist es immer zauberhaft, wenn man diese Musik am ursprünglichen Ort erleben darf. Dadurch empfinde ich Wien immer noch als die Stadt aller Städte der Musik - wegen der überragenden Vielzahl an Kompositionen, die hier entstanden sind.
In England habe ich mir aus demselben Grund immer gewünscht, Benjamin Brittens Oper "Peter Grimes" in Aldeburgh zu dirigieren.

Mit wem würden Sie gerne zusammen arbeiten?

Ein Wunsch wäre, mit dem "Regieteam" Patrice Caurier und Moshe Leiser zu kollaborieren, weil ich ihre Theateransätze unglaublich musikalisch und humorvoll finde. Ich stelle mir vor, dass man mit solchen Genies an seiner Seite vielschichtig Musik und Szene in Einklang bringen kann.

Wie viel Markt verträgt die Kunst?

Kunst existiert nicht in einem Vakuum und muss im Dialog mit einer Gesellschaft entstehen und bleiben. Dabei sehe ich uns als Vertreter der klassischen Musik im Zwiespalt: Wir müssen versuchen den wertvollen Gehalt unserer Kunst zu erhalten, sie und den Anspruch des Komponisten ernst nehmen, und gleichzeitig dafür kämpfen, dass sie den modernen Menschen nahe bleibt, sodass sie nicht ausstirbt. Da ich mich sehr für zeitgenössische Musik interessiere und auch zunächst Komposition studiert habe, habe ich mich viel mit diesem Thema beschäftigt und denke, dass wir an dieser Aufgabe dennoch nicht verzweifeln müssen. Wenn man als Künstler die Augen offen hält und sich auch auf zum Beispiel moderne Regie einlässt, kann sehr wohl beides gelingen. Man muss allerdings sehr genau überdenken, was man genau mit seinem Kunstwerk aussagen möchte und ob man es rechtfertigen kann.
Natürlich macht es mich traurig, wenn ich mittelmäßige Kunst in den Medien sehe, welche einfach nur gut vermarktet wird. Dies halte ich für ein trauriges und gefährliches Resultat unserer globalisierten Gesellschaft.

Und wie viel Kunst verträgt der Markt?

Dies ist eine Frage, die einen als begeisterter, bedingungsloser Künstler traurig stimmen kann.
Das offensichtliche Problem, dass in unserer Generation das künstlerische Angebot deutlich höher als die Nachfrage ist, ist nicht zu leugnen. Deshalb denke ich, dass vor allem die Qualität des Angebots stimmen muss. Diese zu sichern, ist deshalb schwer, weil die meisten Artisten doch Kunst aus einem starken Bedürfnis heraus entwickeln und eigentlich jede Art von Kunst ihre Rechtfertigung haben sollte.

Wofür würden Sie Ihr letztes Geld ausgeben?

Wenn ich in Wien wäre, würde ich sofort eine Stehplatzkarte an der Staatsoper mit meinem letzten Geld kaufen.

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Im Großen und Ganzen hoffe ich zufrieden zu sein! Beruflich gesehen möchte ich in zehn Jahren mit verschiedenen Opernkompanien und Orchestern kollaboriert haben und hoffentlich zusätzlich ein paar bedeutende Uraufführungen von interessanten lebenden Komponisten dirigiert haben.

Haben Sie einen Plan B?

Nein. Ich würde sogar sagen, dass ich keinen Plan A habe! Wie John Lennon so richtig sagt: "Leben ist das was passiert wenn du andere Pläne machst". Ich arbeite jeden Tag so viel ich kann und glaube, dass der Weg das Ziel ist.

Wann und wo sind Sie das letzte Mal unangenehm aufgefallen?

Durch mein ständiges Pendeln zwischen England und Österreich stehe ich leider häufig völlig überzeugt auf der falschen Seite der Rolltreppe und habe dabei gar keine böse Absicht!

Wollen Sie die Welt verändern?

Ich glaube, dass das Vorhaben, die Welt zu verändern, ein sehr hochgegriffenes ist. Auf jeden Fall möchte ich mir gerne vorstellen, dass ein Teil der Welt anders wäre, wenn ich nicht existieren würde. Ich denke, dass wir Musiker immer das Privileg haben, Menschen emotional zu erfassen und zu verändern. Musik ist so wie das Leben ein permanenter Wandel.