Tao Ye bei den Wiener Festwochen

Das Pekinger Tao Dance Theater wurde erst 2008 gegründet, hat die internationale Tanzwelt aber von Beginn an beeindruckt. In den USA sprachen die dortigen Kritiker von einem Auftritt, "der einer Naturgewalt glich". Die Wiener Festwochen haben den Gründer Tao Ye und seine Kompagnie jetzt mit den beiden Produktionen "4" und "2" nach Wien geholt.

4 Tänzer

(c) Fan Xi

Von Samstag, 31. Mai, bis kommenden Dienstag, 3. Juni, sind Yao Te vier Mal im Odeon zu erleben.

Kulturjournal, 30.05.2014

Vier Gestalten bewegen sich in vollkommener Synchronizität über die Bühne. Sie tragen dunkle Hosenröcke, weite Wickelhemden und ihre Gesichter sind verhüllt. Die Bühne ist jedoch nur spärlich beleuchtet, in der Produktion mit dem einfachen Titel "4": Schemenhaft lassen sich die Tänzer deshalb anfangs nur erkennen, doch das Licht wird sukzessive heller, bis die Konturen schließlich deutlich zutage treten.

Tao Ye: "Der Körper ist ein Entdeckungsprozess und ich versuche herauszufinden, wie er zusammengesetzt ist und was seine Möglichkeiten sind. Wir haben unseren Körper ja nicht selbst hergestellt, er ist also ein unbekanntes Universum, das es zu entdecken gilt. Und Tanz ist für mich einfach ein Verfahren, in dem ich mit immer neuen Fragen und Ideen meinen Körper zu entschlüsseln versuche."

Tanz der Wiederholung

Tao Ye stammt aus der Millionenstadt Chongqing, im tiefen Südwesten Chinas. Sein Großvater leitete eine Schule für Kampfkünste. Dementsprechend oft kommt die Frage, ob ihn das schnelle Kung Fu oder das langsame chinesische Schattenboxen bei der Entwicklung seines charakteristischen Tanzstils beeinflusst haben.

"Zu meinen Stücken gibt es die verschiedensten Assoziationen", sagt Tao Ye. "Der Eine sieht Ähnlichkeiten mit der Kalligraphie, der Zweite mit der Malerei und der Dritte eben mit dem chinesischen Schattenboxen. Ich suche im Tanz nach Formen der Bewegung und die kann es natürlich auch in anderen Kunstformen geben, für mich gibt es jedoch keinen direkten Zusammenhang."

Tao Ye glaubt nicht an Inspiration. Seine Choreografien entwickeln sich aus der Wiederholung heraus. Wiederholt man eine Bewegung oft genug, entdeckt man immer neue Details, sagt er. Wiederholung stumpft also nicht ab, sondern macht, ganz im Gegenteil, kreativ und lässt einen Erfahrungen sammeln.

Zwei Punkte

Im zweiten Stück des Abends, schlicht "2" bezeichnet, steht Tao Ye mit seiner Frau Duan Ni auf der Bühne. Ihre Gewänder sind völlig ident und beide tragen sie Glatze. Tao Ye: "Eine Gemeinsamkeit aller meiner Stücke ist, dass es keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern gibt. Es besteht also nicht dieses konventionelle Verhältnis zwischen Mann und Frau. Im Stück '2' stehe ich deshalb eigentlich auch nicht mit meiner Gattin Duan Ni auf der Bühne, sondern wir stellen vielmehr zwei Behauptungen oder Punkte dar."

Im Pekinger Studio Tao Yes gibt es keine Spiegel, damit sich die Tänzer nicht von außen beobachten können. Vielleicht ist das ja der Grund für die Intensität und Konzentration dieser beiden Produktionen.

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