Spanien: Protestpartei Podemos im Vormarsch
Sie sind der Shootingstar in Spaniens Politik: Von den herben Verlusten der beiden Großparteien bei der EU-Wahl konnte eine neue Gruppierung profitieren, die Protestpartei Podemos. Gemeinsam haben die etablierten Parteien fünf Millionen Wähler verloren, Podemos erlangte dafür auf Anhieb den vierten Platz.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 31.5.2014
Aus Spanien
Iglesias will politische Alternative sein
Niemand mutete der Minipartei, die erst vergangenen März gegründet wurde, diesen Erfolg zu. "Podemos" steht für "Wir können es" und verdankt die auf Anhieb errungenen 1,2 Millionen Stimmen vor allem ihrem Chef, dem 35-jährigen Politikwissenschaftler Pablo Iglesias. Vor der Wahl sagte er: "Wir wollen gewinnen und unser Ziel ist es, eine Alternative zu der bestehenden Regierung in unserem Land zu entwickeln." Der Gründer von Podemos lehnt die alten Parteien und das bestehende politische System ab. Er fordert Mindestlohn für alle, den Ausstieg aus dem Euro und will als EU-Parlamentarier nicht mehr als 1.900 Euro kassieren.
"Das Europa der Händler, das Europa von Angela Merkel und den Finanzhaien ist nicht unser Europa. Wir sind die Bürger des Südens und wollen nicht zum El Dorardo gekürzter Arbeitsrechte und Minilöhne werden", sagt Iglesias. Der Mann, der in einem Arbeitbezirk Madrids aufwuchs, trägt einen klingenden Namen: Seine Mutter, eine linke Gewerkschafterin, benannte ihren Sohn nach dem Gründer der sozialistischen Arbeiterpartei, eben Pablo Iglesias. Dessen Nachfolger, der derzeitige Oppositionschef Alfredo Rubalcaba, muss seinen Posten nach einer schmerzlichen Niederlage räumen. Die Sozialisten, die neun ihrer 25 EU-Parlamentarier einbüßten, suchen einen neuen Parteichef.
Großparteien sind "Teil des Problems"
Pablo Iglesias bezeichnet sich freimütig als Kommunist und nennt Venezuelas verstorbenen Präsidenten Hugo Chavez als politisches Vorbild. Iglesias war schon als Sprecher der Protestbewegung der "Empörten" in Erscheinung getreten, die im Frühjahr 2011 die Madrider Porta del Sol besetzt hatten.
Podemos profitierte bei der EU-Wahl von den Unzufriedenen in allen Parteien: von jenen Wählern, die gegen die Korruption in den etablierten Parteien, gegen Sparpolitik und Krisenmanagement stimmen wollten. Mist fast acht Prozent der abgegebenen Stimmen macht Debütant Pablo Iglesias dem traditionsreichen Bündnis von Grünen und Linken inzwischen den dritten Platz streitig. In Madrid und Asturien hat Podemos die Linke schon überholt.
Doch Pablo Iglesias hat sich ein anderes Ziel gesetzt: Er will das System der wechselnden Mehrheiten der beiden Großparteien in Spanien beenden. "Sie sind Teil des Problems und müssen beseitigt werden."