Vor WM in Brasilien: Anhaltende Proteste

Auch wenige Tage vor der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien reißen die Proteste nicht ab. So streiken die U-Bahn-Fahrer von Sao Paulo. In Rio de Janeiro und mehreren anderen Städten streiken Lehrer, Regierungsbeamte, Krankenhauspersonal und die Sicherheitsleute der Banken. Auch die Müllabfuhr erwägt einen Streik während der WM. Immerhin hat die Polizei einen Streik abgesagt, nachdem ihr eine Lohnerhöhung versprochen wurde.

Mittagsjournal, 6.6.2014

Aus Brasilien berichtet

Albtraum der Regierung

209 Kilometer Verkehrsstau in der Stadt. Bushaltestellen, an denen 300 Menschen warten. 4, 6 Millionen Menschen, die nicht wissen, wie sie in die Arbeit kommen sollen. Die U-Bahnfahrer in der Elf-Millionen-Stadt Sao Paulo demonstrieren, was es für Auswirkungen hat, wenn sie die Arbeit niederlegen. Dass so ein Chaos während der Fußball WM passieren könnten, wenn 600.000 ausländische Gäste im Land sind - das ist wohl der schlimmste Albtraum der brasilianischen Regierung.

Streikende Pädagogen

Vor dem Rathaus in Sao Paulo errichteten streikende Lehrer ein Protestcamp. Auch in Rio de Janeiro streiken seit 12. Mai die Lehrer der öffentlichen Schulen. Ihnen ist es mehrfach gelungen, den Verkehr in Rio da Janeiro für einige Stunden zu stören, indem sie eine der Hauptverkehrsstraßen blockierten. Sie demonstrieren beinahe täglich in Rio. Pädagogen in Brasilien führen ein prekäres Leben, erklärt ein Lehrer. Etwa 1.800 Reais - umgerechnet 600 Euro - beträgt das Monatsgehalt. Damit komme man in einer teuren Stadt wie Rio de Janeiro kaum über die Runden. Die Arbeitsbedingungen seien schlecht, sie habe mehr als 50 Schüler in einer Klasse sitzen, erzählt eine Lehrerin. Tatkräftige Unterstützung bekommen die Pädagogen von einigen Schülern. "Unserer Lehrer sind unserer Helden", steht auf einem Transparent. Er finde es gut, wenn die Lehrer auf das schlechte Bildungssystem in Brasilien aufmerksam machen, betont ein Schüler.

Der noch schlimmere Albtraum

Abgesagt wurde mittlerweile ein angedrohter Polizeistreik. Aus Sorge, um die Sicherheit während der Fußball-Weltmeisterschaft, hat die Regierung den Beamten der Bundespolizei Policia Federal diese Woche eine 16-prozentige Lohnerhöhung zugesagt. Diese Polícia Federal ist für die Sicherheit auf Flughäfen zuständig, sowie für die Bekämpfung von Terrorismus und Drogenhandel. In den vergangenen Monaten hatten Streiks der Militärpolizei in den Städten Recife und Salvador für Chaos gesorgt.

Was den Bewohnern von Rio de Janeiro aber vermutlich die größte Angst macht: Auch die Müllmänner denken laut darüber nachb, während der Fußball WM in Streik zu treten. Die Stadt-Regierung, habe gegebene Versprechen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen nicht eingehalten. Daher müssten die Arbeiter wieder auf sich aufmerksam machen.

Bereits im Februar, zum Höhepunkt der großen Karnevalsfeiern, hat die Müllabfuhr von Rio neun Tage lang die Arbeit niedergelegt. Damals türmten sich in den Straßen die Müllberge, bei 40 Grad im Schatten, umschwärmt von Fliegen. Dieses Geruchserlebnis wird die Stadtregierung von Rio de Janeiro den WM-Gästen vermutlich ersparen wollen.