Zivilisationskrankheiten auch in Krisengebieten

Die Mediziner von "Ärzte ohne Grenzen" haben es vermehrt mit medizinischen Krisen zu tun, die nicht auf Naturkatastrophen und politischen Unruhen zurück zu führen sind, sondern auf den globalen gesellschaftlichen Wandel. Chronische Krankheiten - wie Diabetes, Bluthochdruck oder Krebs nehmen auch in Entwicklungs- und Schwellenländern stark zu.

Mittagsjournal, 15.7.2014

Hilfe für den Einzelnen wird wichtiger

Reinhard Dörflinger kennt die Krisenherde der Welt. Der Allgemeinmediziner und Präsident von Ärzte ohne Grenzen Österreich hat die Cholera bekämpft, unterernährte Kinder versorgt, Massen-Impfungen durchgeführt, doch das reicht 2014 nicht mehr. Chronische Krankheiten - manchmal auch salopp Lebensstil-Krankheiten genannt - werden für die Hilfsorganisation in den Krisengebieten zur medizinischen Herausforderung, da ist, sagt Dörflinger, eine große Änderung im Gange. Bisher lag der Fokus auf Epidemien und auf großen Bevölkerungsgruppen.

Und jetzt müsse der Fokus verstärkt auf den Einzelpatienten gerichtet werden, der sein Blutdruck-Medikament im Flüchtlingslager braucht oder seine Insulinspritze im Erdbebengebiet.

Weltweit sterben jährlich 36 Millionen Menschen an den sogenannten NCDs - „noncommunicable diseases“, also den nicht übertragbaren Krankheiten. 29 Millionen davon - das sind 80 Prozent - in Entwicklungs- und Schwellenländern. Herzkreislaufkrankheiten rangieren auf Platz eins, gefolgt von Krebs und Atemwegserkrankung. Die Einsatzprogramme von Ärzte ohne Grenzen müssen - so Dörflinger - daher überdacht werden – hin zu Einzelpatienten.

Gute Medikamente für alle

Die WHO - die Weltgesundheitsorganisation hat das Problem erkannt und mittlerweile Richtlinien erarbeitet - die helfen sollen, chronische Krankheiten in Krisengebieten zu managen, keine leichte Aufgabe - sind doch noch viele Punkte offen. Wie kann man mit wenigen Mitteln Diagnosen machen, welche Medikamente sind existentiell notwendig, um rasch und effizient zu therapieren. Denn eines steht für Reinhard Dörflinger außer Frage: dass auch Menschen außerhalb von Europa und den USA das Recht auf Medizin haben, die state of the art entspricht.

Neben der WHO, nehmen sich jetzt auch die Vereinten Nationen des Themas an, Vertreter aus Südamerika, Afrika, Asien und Ozeanien suchen gemeinsam nach Lösungen um den chronischen Krankheiten Einhalt zu gebieten, ob sie sie finden werden, wird sich zeigen.