Salzburger Festspiele: "Charlotte Salomon"

Jedes Jahr eine Opernuraufführung hat Festspielintendant Alexander Pereira versprochen. In seinem dritten und letzten Festspielsommer wurde die erste fertig: "Charlotte Salomon" vom französischen Komponisten Marc-Andre Dalbavie wurde am Montag in der Felsenreitschule uraufgeführt. Das Ensemble, das Mozarteumorchester unter dem Dirigat des Komponisten und die Regie von Luc Bondy wurden am Ende des Abends gebührend gefeiert.

Morgenjournal, 29.7.2014

Selbstfindung einer Künstlerin

Die deutsche Schauspielerin Johanna Wokalek und die französische Sängerin Marianne Crebassa, beide sind sie Charlotte Salomon und die Bilder der jungen Malerin werden immer wieder während der Aufführung projiziert. Sie sind im jüdischen Museum in Amsterdam verwahrt, denn Charlotte Salomon, eine junge deutsche Jüdin, die nach Südfrankreich vor den Nazis fliehen musste, wurde in Auschwitz ermordet. Davon erzählt die Oper von Marc -Andre Dalbavie aber nur mehr im Nachspann. Sie endet mit der Selbstfindung der jungen Künstlerin.

Charlotte Salomon erzählt eine dunkle Geschichte aus einer dunklen Zeit. Dunkel ist die Geschichte, weil die junge Frau aus einer Familie kommt, in der die Frauen, Mutter, Großmutter, Tanten Selbstmord begehen und weil sie die erste unglückliche Liebe zu einem älteren Mann zum Thema hat. Dunkel ist die Zeit, die Verfolgung der Juden durch die Nazis wird immer prekärer.

Libretto nach Originaltexten

Das Libretto der deutschen Schriftstellerin Barbara Honigmann basiert größtenteils auf Originaldokumenten. Regisseur Luc Bondy hat vor allem im Epilog, der ihre Zeit in Südfrankreich vor der Deportation behandelt, eingegriffen und er hat auch den Komponisten Marc Andre Dalbavie immer wieder angeregt, für die Salzburger Uraufführung noch das eine oder andere zu ändern. Das Bühnenbild von Johannes Schütz verdeckt die Arkaden der Felsenreitschule mit einer Flucht von wie aufgefädelt wirkenden Zimmern.

"Singespiel" in sensibler Regie

Die Musik von Marc Andre Dalbavie braucht lange, wohl mehr als eine Stunde, um sich von der gesprochenen Sprache und vielen musikalischen Zitaten zu lösen. Da hört man "Carmen" und den "Freischütz", Mahler, Bach, Schubert und jüdische Weisen. Erst gegen Ende häufen sich die klanglichen Explosionen und eine eigene Melodik.

Ob mit Charlotte Salomon wirklich ein großer Opernwurf gelungen ist, darüber hat man gestern diskutiert. Ist es doch vielmehr ein Singespiel, wie Charlotte Salomon ihre eigene künstlerische Arbeit einmal bezeichnet hat. Also ein Singspiel im Sinne der deutschen Ausformung der Oper seit Mozart und Weber. Die Gleichzeitigkeit von französisch gehaltenem Gesang und deutschem Sprechtext wird es einer Wiederaufführung der Oper anderswo auch nicht leicht machen.

Das Ensemble, das Mozarteumorchester unter dem Dirigat des Komponisten Dalbavie und die sensible Regie von Luc Bondy wurden am Ende des Abends jedenfalls gebührend gefeiert. Ob sich die vielfach leeren Reihen bei der Premiere, die wohl dem nicht so großen Bekanntheitsgrad Dalbavies in Österreich geschuldet sind, in den Folgeaufführungen füllen werden, bleibt abzuwarten.

Übersicht