Nach Yukos-Urteil: Zugriff auf Auslandsvermögen

50 Milliarden US-Dollar - so viel muss Russland drei ehemaligen Eigentümern des Ölkonzerns Yukos bezahlen, das hat das Ständige Schiedsgericht in Den Haag entschieden. Die Chancen dieses Geld zu bekommen stehen hoch, sagen Experten, auch Österreich könnte dabei betroffen sein.

Mittagsjournal, 30.7.2014

Exekution von Auslandswerten

Eine schlechte Reputation, höhere Zinsen, rechtliche Probleme - wer sein Schulden nicht bezahlt, hat viel zu verlieren, und das gilt auch für Staaten, sagt Rudolf Fiebinger, Wirtschaftsanwalt in Wien und österreichischer Vertreter beim Schiedsgericht der Internationalen Handelskammer. 50 Milliarden Dollar hat das Ständige Schiedsgericht in Den Haag drei ehemaligen Eigentümern der Ölfirma Yukos zugesprochen, weil Russland den Konzern - so die Entscheidung - aus politischen Gründen zerschlagen hat. Zumindest einen Teil dieser Summe würden die Kläger auf jeden Fall auch bekommen, meint Fiebinger: "Nachdem Russland sehr viel Auslandswerte hat und sich, wie ich glaube, nicht von vornherein wie ein professioneller, sein Vermögen versteckender Schuldner verhalten hat, sollte es für die Kläger möglich sein, erfolgreiche Exekutionen zu führen." Schwierig könnte es allerdings werden, damit tatsächlich 50 Milliarden Dollar plus Zinsen plus Exekutionskosten zu erzielen.

Anspruch mit Einschränkungen

Die Entscheidung basiert auf der European Energy Charta, die vorsieht, dass strittige Fragen von einem unabhängigen Schiedsgericht entschieden werden. 150 Staaten haben sich verpflichtet, die Entscheidung solcher Schiedsgerichte umzusetzen, darunter prinzipiell auch Russland. In diesem Fall werde Russland sich aber voraussichtlich weigern das Urteil anzuerkennen, die Gläubiger müssten daher versuchen auf russisches Eigentum im Ausland zuzugreifen. Einschränkung: Das Eigentum darf nicht hoheitlichen Aufgaben dienen, so wie Botschaftsgebäude. Und es muss zu 100 Prozent dem russischen Staat gehören. Firmen wie die Fluglinie Aeroflot, die teilweise in Privatbesitz stehen, sind daher nicht betroffen. Zu finden gibt es trotzdem genug, glaubt Fiebinger, gerade in Österreich, mit seiner langen Geschichte wechselseitiger Wirtschaftsbeziehungen - wenn es auch nicht leicht sein wird, so Fiebinger, der aber für beharrliche Gläubiger" durchaus Möglichkeiten sieht.

Vergleich vorteilhafter

Einem Einspruch gegen das Urteil, wie von Außenminister Sergei Lawrow angekündigt, gibt Fiebinger praktisch keine Chancen, es handle sich um eine reine Verzögerungstaktik. Auch die rechtlichen Schritte in den einzelnen Ländern können lange dauern - bekannt ist der Fall des deutschen Geschäftsmannes Franz Sedelmayer, der schon seit 16 Jahren aufgrund eines Schiedsgerichtsspruches in mehreren Ländern Exekutionen gegen Russland durchgesetzt hat. Irgendwann könne der internationale Druck und der Image-Schaden durch ein solches Verfahren aber zu groß werden, selbst für Russland, glaubt Rudolf Fiebinger. Es werde daher für beide Seiten von Vorteil sein, sich auf die Zahlung einer geringeren Summe zu einigen, um den Streit so beizulegen.