"Sämtliche Leidenschaften" von Franz Schuh

"Sämtliche Leidenschaften" heißt das neue Buch des österreichischen Schriftstellers und Philosophen Franz Schuh, das heute Abend beim Literaturfestival "O-Töne" im Wiener Museumsquartier vorgestellt wird. In seinem jüngsten Werk beschäftigt sich Schuh in essayistisch-philosophischer Weise mit Maxi Böhm und Peter Kraus, zwei seiner Jugendidole, aber auch mit tiefschürfenden politischen und philosophischen Fragen.

Morgenjournal, 07.08.2014

"Sämtliche Leidenschaften" - in seinem jüngsten Buch macht Franz Schuh seine Passionen zum Thema. Zu seinen dynamischsten Leidenschaften, gesteht der Schriftsteller, gehört die Angst. Besondere Angst bereitet dem Schriftsteller zurzeit die politische Weltlage: Ob im Nahen Osten oder an der russisch-ukrainischen Grenze, Schuh hält die Situation für besorgniserregend.

"Ich muss ehrlich zugeben, dass meine geistigen und emotionalen Kräfte nicht ausreichen, um den wiedererstandenen - unter anderen Vorzeichen - Antisemitismus zu fassen", sagt Schuh. "Ich bin fassungslos vor diesen Phänomenen. Außerdem natürlich vor der Tatsache, dass Kriegslüsternheit wieder entstehen konnte. Und ich bin voller Skepsis der Frage gegenüber, ob die Friedensordnung hält, was sie verspricht."

Franz Schuh ist Jahrgang 1947. Als Nachkriegskind und als Sohn einer antifaschistischen Familie sei er, so erinnert sich der Schriftsteller, in ein "großes Aufatmen" hineingewachsen. Jetzt tun sich neue weltpolitische Konfliktlinien auf, die den Zeitgeist-Analytiker Franz Schuh beunruhigen: ""Das Wiederkehren von bestimmten Gesten, darunter autokratische Gesten, darunter Gesten des Terrorismus, eine phantastische Zerstörungslust auf der Basis von religiösen Meinungsverschiedenheiten, das ist doch von großer Absurdität, dabei hat man irgendwie falsch, aber doch entschieden gedacht: Das ist vorüber." Ist es aber nicht, wie es scheint.

Assoziatives Räsonieren

"Sämtliche Leidenschaften" - in seinem neuen Buch lässt Franz Schuh einen Protagonisten namens Franz Schuh über Lüge und Wahrheit, Liebe, Tod und andere Existenzialien räsonieren. Schuhs Verfahren ist ein assoziatives, stilistisch brillant wie immer tänzelt, schwebt, gleitet der Autor von einem Gedanken, einer Erinnerung zur anderen, er philosophiert über Fichtes Ich-Philosophie und die Gesangskunst Hans Albers', er erzählt von seinem autoritären Vater und der ersten Leiche, die er als Kind gesehen hat; liebevoll erinnert sich der Schriftsteller der Familie Sucharek, einer Nachbarsfamilie der Schuhs, in deren Gemeindebauwohnzimmer er Anfang der 1960er Jahre erstmals Fernsehen durfte: "Am schönsten war - und da bin ich ein absoluter Anhänger - das Testbild."

Die Suchareks hatten auch einen Plattenspieler. Auf dem hörte der junge Schuh die erste Schallplatte seines Lebens: "Junge, komm bald wieder" von Freddy Quinn. Freddy Quinn zählte ebenso wie Peter Kraus zu seinen frühen musikalischen Idolen, wie Franz Schuh sich in seinem Buch erinnert:

"Peter Kraus war eine merkwürdige Erfindung der deutschen Kulturindustrie, weil man unbedingt etwas Bieder-Deutsches gebraucht hat, das ähnlich lockte wie die Amerikaner, wie Bill Haley und so weiter. Und ich finde das großartig, dass einer noch als Greis den Hüftschwung seiner Jugend allen vor Augen führt."

Franz Schuhs neues Buch "Sämtliche Leidenschaften" - Pflichtlektüre für alle Schuh-Fans - wird am 25. August im Zsolnay-Verlag erscheinen.