Kritik an Notunterkünften für Asylwerber

In Österreich hat das Innenministerium gestern angekündigt, dass nun Speisesäle und Turnhallen zu Notschlafstätten für Flüchtlinge umfunktioniert werden sollen. Scharfe Kritik kommt von Caritas und Grünen. Sie fordern, vorübergehend lieber mehr Asylwerber in Traiskirchen unterzubringen. Den ÖVP-Politikern Mikl-Leitner und Pröll wird vorgeworfen, einen Flüchtlingsnotstand zu inszenieren.

Morgenjournal, 20.8.2014

"Politische Inszenierung"

Der Speisesaal im Erstaufnahmezentrum Thalham und der Turnsaal der Landespolizeidirektion Salzburg - das könnten die ersten Notschlafstätten für Asylwerber werden. Das Büro der Innenministerin hat die Pläne gestern bekannt gegeben. Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner spricht von "Eskalation, Panikmache und politischem Sommertheater". Die Zahl der Asylanträge sei nur um zwei Prozent gestiegen, in Traiskirchen seien 700 Betten frei. Schwertner meint zwar, Großlager seien kein guter Platz. Aber: "Bevor traumatisierte Menschen auf Feldbetten in Turnsälen untergebracht und betreut werden, ist es sicher besser, die 700 leeren Betten in Traiskirchen zu nutzen. Hier gibt es ja auch einen bestehenden Betreuungsvertrag für bis zu 1.800 schutzsuchende Menschen."

Auch die Menschenrechtssprecherin der Grünen, Alev Korun, hat sich zu Wort gemeldet - ebenfalls mit Kritik am Betreuungsstopp in Traiskirchen durch einen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft: "Dieser Bescheid ist sowieso höchst dubios, weil man versucht, über den Umweg des Gewerberechts in Flüchtlingsunterkünfte einzugreifen. Das war meiner Einschätzung nach eine politische Inszenierung von Landeshauptmann Pröll, der die Muskeln spielen hat lassen und gesagt hat, so jetzt mach ich Traiskirchen zu."

"Vor allem Niederösterreich gefordert"

Und Caritas-Generalsekretär Schwertner fragt sich, ob im Lager Traiskirchen wirklich Gefahr besteht, wenn ausgerechnet Jugendliche nach wie vor aufgenommen werden: "Es ist aus Sicht der Caritas nicht nachvollziehbar, wieso dieser vermutlich politisch motivierte Bescheid Gefahr in Verzug sieht, aber nicht für jugendliche, sondern nur für erwachsene Asylwerber." Die Caritas fordert zwar, dass die Bundesländer 100 Prozent ihrer Asylwerberquote erfüllen. Aber es sei klar, dass die Schaffung neuer Quartiere mehr Zeit und Geld brauche und: "Hier sind alle Bundesländer gefordert, allen voran auch Niederösterreich. Klar ist nämlich: Ist man bei der politischen Zahl 480 Plätze in Traiskirchen angelangt, wäre Niederösterreich Schlusslicht im Bundesländervergleich."

Mehr Zeit und höhere Tagsätze fordert auch Korun: "Ich möchte die Innenministerin inständig bitten, dass sie die Angstmache und Panikmache endlich sein lässt und endlich ihre Verantwortung wahrnimmt, damit Menschen untergebracht werden." Im Libanon würden eine Million Flüchtlinge betreut, in Traiskirchen spreche man von tausend Menschen. Wenn die Innenministerin sage, dass die Kapazitäten nicht ausreichen, dann sei das "eine Bankrotterklärung ihrer eigenen Politik".

Eine erste Reaktion gibt es von ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel: Nur nach "mehr Geld" zu rufen sei beschämend. Und vor wenigen Jahren habe Korun selbst gemeint, das Lager Traiskirchen sei mit rund 1000 Flüchtlingen am Limit.

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