Horror im Filmmuseum

Das Wiener Filmmuseum widmet sich dem Genre Horrorfilm, genauer: der goldenen Ära dieses blutrünstigen Genres. "Land of the Dead" heißt die Retrospektive, die 42 Horrorfilme aus den Jahren 1968 bis 1987 vorstellt, darunter Klassiker wie "Rosemary's Baby", "Halloween", "Texas Chain Saw Massacre" oder "Nightmare on Elm Street".

Szene aus "The Shining", 1980

Szene aus "The Shining", 1980

(c) FILMMUSEUM/STANLEY KUBRICK

Schon im Vorjahr lehrte das Wiener Filmmuseum seinem Publikum das Fürchten. Auf dem Programm standen die ersten Jahrzehnte des einst verachteten Genres.

Kulturjournal, 27.08.2014

Das blanke Entsetzen füllt die Kinoleinwand. Das Blut muss spritzen, die Gewalt explodieren und die Brutalität kennt ohnehin keine Grenzen. Die 1970er Jahre waren für Fans des Horror-Films eine goldene Ära. Der Horror-Film etabliert sich als gern gesehener Gast auf der großen Glamour-Party der Filmwelt. Er schwemmt Geld in die Kassen und vergisst dabei doch nie seine Kernkompetenz: dem Zuseher das Fürchten zu lehren.

Die Schranken fallen

Eingeläutet wird die Ära von einem stilgerechten Tabubruch. Wovon jeder Horror-Filmer träumt, die gepflegten Sehgewohnheiten mit einer neuen brutalen Sichtweise aus den Angeln zu heben, das gelingt George Romero 1968. "Night of the Living Dead" heißt der Schocker, der selbst die Nackenhaare der hartgesottensten Kinogeher zu Berge stehen lässt. Das liegt vor allem auch daran, "dass er kein Geld gehabt hat und ihn fast wie einen Dokumentarfilm aussehen lassen musste. Dadurch hatte der Film eine Wirkung, mit der die Zuseher noch nicht vertraut waren", wie Christoph Huber vom Filmmuseum erklärt.

Dass Romero so wüten konnte, lag auch an einer fundamentalen Änderung der Spielregeln in Hollywood. Lange gab der sogenannte Hayes-Code diese Regeln vor. Er wies das sündige Medium Kino in seine moralisch korrekten Schranken. Studios, Zensurbehörden und katholische Institutionen vereinten sich, um der amerikanischen Jugend gute, saubere Unterhaltung zu präsentieren.

Der längst überfällige Code fällt im Sturm des Unruhejahrs 1968. Mit ihm fallen die Schranken der Visualisierung des Schreckens im Kino. Und mit der Gewalt wird auch eine andere Komponente mit dem Holzhammer gleich mitgeliefert. Ein zweiter Romero-Film aus dem Jahr 1978, "Dawn of the Dead", zeigt diese Entwicklung deutlich.

Der Horrorfilm wurde zum Sende-Kanal für die düsteren Versionen des amerikanischen Traums. Zum schmuddeligen Gesellschafts-Kommentar. Cineastisch setzte Tobe Hooper neue Akzente: "Texas Chain Saw Massacre" hieß sein Film, der jahrzehntelang in Deutschland verboten war. Dabei geht "Texas Chain Saw Massacre" mit Filmblut relativ sparsam um. Dafür ist die Kamera umso irrer: "Da rast die Kamera herum, es gibt einen ganz infernalischen Soundtrack, wo der böse Wahnsinniger mit der Kettensäge kichert", so Christoph Huber.

Transatlantischer Energieschub

Ein transatlantisches Abkommen der kreativen Art wird zum nächsten Energieschub des Genres. Blutrünstige US-Inszenierung trifft hartgesottenes italienisches Handwerk. "Giallo" nennt sich das Genre mit dem Zentrum Italien. Das inspiriert zum Beispiel John Carpenters zum bluttriefenden Über-Hit "Halloween", der zum Inbegriff eines kommerziell und künstlerisch gelungenen Horror-Films wird. Er kommt im Jahr 1978 in die Kinos.

Vor allem die neu entstehenden Videotheken etablieren sich als Jahrmärkte cineastischer Abscheulichkeiten. Horror boomt. In kürzester Zeit durchläuft der Horrorfilm alle Entwicklungen des Genrekinos. Bringt Klassiker und ästhetische Neuerungen hervor, verfängt sich in Klischees und frisst sich schließlich selbst auf. Seit den 1990er Jahren gibt eine ironisch gebrochene Post-Moderne den Ton an. Wie es sich für das Genre gehört, beginnt der Horrorfilm dann selbst zombiehaft durch die Kinos zu taumeln.

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