Separatisten gehorchen Putin

Russlands Präsident Putin wird nicht müde zu betonen, Russland unterstütze die ukrainischen Separatisten nicht. Trotzdem lässt Putin nun mit einem Appell an die angeblich von Moskau unabhängigen Separatisten aufhorchen: Er fordert sie auf, einen humanitären Korridor für umzingelte ukrainische Soldaten zu schaffen. Und prompt ist der Wunsch Putins den Separatisten Befehl - obwohl sie doch offiziell nicht vom Kreml gesteuert werden.

Mittagsjournal, 29.8.2014

Putin an "Bürgerwehr Neurusslands"

Spät in der Nacht erscheint auf der Internetseite des Kremls die Mitteilung Putins, die sich direkt an die prorussischen Separatisten richtet. Vielsagend ist schon die Überschrift: "Russlands Präsident Putin wendet sich an die Bürgerwehr Neurusslands." Als Bürgerwehr bezeichnet Putin die Separatisten und Neurussland war der Begriff, den er im März gebrauchte, als er nach der Annexion der Krim der Weltöffentlichkeit erklärte, dass Russland historischen Anspruch auf ehemals russische oder sowjetische Gebiete erheben dürfe. Seither verwenden die Separatisten in der Ostukraine den Begriff genauso gern und oft wie russische Nationalisten.

In der Mitteilung an die Separatisten äußert sich Putin zunächst erfreut über deren ernsthafte Erfolge gegen die, so Putin wörtlich, "Gewaltoperation Kiews", die eine tödliche Gefahr für die Bevölkerung des Donbass darstelle. Dann fordert die Separatisten auf, einen humanitären Korridor zu errichten für jene ukrainischen Soldaten, die von der Bürgerwehr umzingelt seien. So sollten sinnlose Opfer vermieden werden und die Soldaten zu ihren Frauen, Müttern und Kindern zurückkehren.

Verräterischer Begriff

Der Appell Putins verhallt bei den Separatisten nicht ungehört. Der selbsternannte Ministerpräsident der selbst ausgerufenen Volksrepublik Donezk, Alexander Sachartschenko, betont, man werde dem Ruf Putins Folge leisten: "Mit allem Respekt für Wladimir Putin, dem Präsidenten des Landes, das uns moralisch unterstützt, sind wir bereit, humanitäre Korridore für umzingelte ukrainische Armee-Einheiten zu schaffen. Unter der Bedingung, dass sie die Waffen niederlegen."

Die Mitteilung Putins widerspricht nicht nur den Beteuerungen des Kremls, Moskau habe nichts mit den Separatisten zu tun, sondern auch den Zusagen, Russland werde der Ukraine helfen, ein Einheitsstaat zu bleiben. Wer die territoriale Einheit der Ukraine respektiert, würde wohl kaum den Begriff "Neurussland" für die Süd-Ostukraine verwenden. Während die offiziell dementierte militärische und personelle Unterstützung Moskaus für die Separatisten täglich offensichtlicher wird, macht sich Putin nun offenbar nicht mehr die Mühe, diese Widersprüche zu kaschieren. Über sein Ziel kann nur spekuliert werden. Stabilität in der benachbarten Ukraine ist es nicht.