Euro: Wirtschaft im Tief

Frankreich wird die EU-Defizitziele in den nächsten Jahren abermals verfehlen. Die Partnerländer der Eurozone wollen mit einer Schelte für Frankreich aber noch warten. Ein EU-Finanzministertreffen gestern unter heute in Mailand zeigt: alle suchen nach der richtigen Balance zwischen der nötigen Haushaltsdisziplin und den Versuchen, die lahmende Konjunktur anzukurbeln.

Morgenjournal, 13.9.2014

Aus Mailand,

Defizitplan verfehlt

Paris ist eben Paris, winkt der italienische Finanzminister Pier Carlo Padoan angesprochen auf das französische Defizit ab. Er selbst drängt immer wieder auf mehr Flexibilität bei der Auslegung der Defizitgrenzen, um die Wirtschaft nicht ganz abzuwürgen. Die drei Prozent, so betont Padoan gemeinsam mit seinem Premierminister Matteo Renzi immer wieder, will Italien aber einhalten.

Frankreich wird das deutlich verfehlen. Heuer und auch die nächsten beiden Jahre. Erst 2017, so hat es der französische Finanzminister Michel Sapin diese Woche angekündigt, werde es so weit sein.

Ob Frankreich deshalb ein Verfahren der EU zu fürchten hat, da bleiben die Finanzminister der Partnerländer noch vage. Der Chef der Eurogruppe Jeroen Dijsselbloem warnt aber davor, das nach der Krise gerade zurückgewonnene Vertrauen in die Eurozone wieder aufs Spiel zu setzen: Was viele Länder beim Defizitabbau in den letzten Jahren erreicht haben, kann sich sehen lassen. Das hat Vertrauen zurückgebracht. Das sollten wir uns erhalten.

Doch der Fokus verschiebt sich. Entgegen allen Prognosen zieht die Konjunktur nicht an. Die Arbeitslosigkeit bleibt in den Euroländern bei knapp zwölf Prozent. Frankreich und Italien fordern Investitionen, auch der öffentlichen Hand. Und schielen dabei auf den Nachbarn Deutschland, das am meisten Spielraum im Budget hat. Auch die EU-Kommission weist stets auf den Aufholbedarf Deutschlands bei Investitionen in die Infrastruktur habe. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble will vom Pfad der Budgetkonsolidierung aber nicht abweichen.

Schäuble spielt den Ball zurück. Investitionen seien notwendig, räumt er ein. Die sollten aber nicht aus den Budgets kommen, sondern von Privaten. Das erreiche man, indem man durch Reformen ein attraktives Umfeld für Investoren schaffe. Auch Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling stimmt ein.

Frankreich wird, so wie die anderen EU-Länder, Mitte Oktober die Budgetpläne an die EU-Kommission senden müssen. Sie empfiehlt den EU-Ländern dann die Einleitung eines Defizitverfahrens gegen Frankreich oder die Gewährung weiteren Aufschubs. Zuständig dafür dürfte in der EU-Kommission dann ein Mann mit besonderer Expertise sein: der französische Sozialist Pierre Moscovici, der 2013 als Finanzminister für sein Land zuletzt Nachsicht erreicht hat.